„Wir brauchen noch ein paar Trainingslager“
Der neue Operndirektor Matthias Lošek präsentiert die erste Spielzeit der Stiftung Haydn von Bozen und Trient: ein Blick auf das Musiktheater unserer Zeit, mit einer Prise Lebensironie.
Von Heinrich Schwazer
Eines haben der neue Operndirektor Matthias Lošek und Kulturlandesrat Philipp Achammer gemeinsam: Sie lieben Vergleiche mit der Fussballwelt. Der Landerat zitierte den legendären Othmar Hitzfeld, um seine Vorstellung von Oper zu illustrieren, Lošek hält es mit Alex Ferguson von Manchester United: „Eine Opernsaison braucht eine gesicherte Verteidigung, ein starkes Mittelfeld und einen kühnen Sturm.“
Auf das Programm umgemünzt bedeutet das: In der Verteidigungslinie steht die Mozartoper Così fan tutte, im Mittelfeld die Lulu von Alban Berg, Trouble in Tahiti von Leonard Bernstein und A Hand of Bridge von Samuel Barber, im Sturm agieren Whatever Works von Manuela Kerer und dem Mexikaner Arturo Fuentes, sowie Dimitri Schostakowitsch „schräge“ Oper Die Nase.
Das neue kulturelle Großprojekt steht unter dem Titel „OPER.A 20.21“ und wurde noch vom ehemaligen Präsidenten Franz von Walther gedanklich vorausgedacht. Umstritten war es von Anfang an, doch letztlich war es die einzige Möglichkeit weiter an die Fördertöpfe des Ministeriums zu gelangen. Mutig, wenn nicht tollkühn ist das Projekt auf jeden Fall, denn eine Frage steht immer im Raum: Kann Südtirol sich überhaupt eine Oper leisten? „Ich denke, ja“ spricht LR Achammer allen Mut zu.
Die Präsidentin Chiara Zanoni will mit dem Projekt „Interesse und Neugier für die zeitgenössische Oper zu wecken“, doch der Weg dürfte lang werden. „Wir brauchen noch ein paar Trainingslager “ sagt Lošek. Wieviel Geld er braucht, wird nicht verraten. Das Budget wird wie ein Staatsgeheimnis behandelt, es sollen aber weniger als eine Million betragen.
Seine erste Spielzeit hat Lošek unter den Titel „The irony of live“ gestellt. „Das ist kein Zufall, denn in den fünf Opern, die in Trient und Bozen zu hören und zu sehen sein werden, begegnet man der Ironie des Lebens, etwa in den Irrungen und Verfehlungen der Liebe (Così fan tutte), in der Zügellosigkeit des Verlangens und Begehrens (Lulu), in politischer Willkür und Bürokratie (Die Nase), im Politikbetrieb der Gegenwart (Whatever Works) oder der Sprachlosigkeit und Hilflosigkeit in Beziehungen (Trouble in Tahiti). Zusammen ergeben sie ein Panoptikum an nur allzu Menschlichem: unerfüllte Wünsche, tragikomisches Scheitern, verborgene Sehnsüchte, erstarrte Gefühle, bedingungslose Hingabe, unermessliche Gier aber auch ein Hoffen auf a better tomorrow.“
Den Anfang macht die Neuinszenierung der Mozartoper Così fan tutte am 13. und 15. November am Teatro Sociale von Trient, eine Koproduktion mit dem Teatro dell’Opera Giocosa di Savona. Wie gut dieses Opernhaus ist, wird sich zeigen. Così fan tutte wird dirigiert von Giovanni Di Stefano, für die Regie zeichnet Elisabetta Courir verantwortlich. An den Opernabenden des 4. und 5. Dezember am Stadttheater Bozen gilt die Aufmerksamkeit dem amerikanischen Musiktheater. In Koproduktion mit der Oper Leipzig wird A Hand of Bridge von Samuel Barber, ein Stück, das mit seiner Länge von weniger als zehn Minuten das kürzeste Opernwerk der Geschichte ist, und Trouble in Tahiti von Leonard Bernstein gezeigt.
Am 15. und 17. Januar steht am Stadttheater Bozen ein wahres Meisterwerk des 20. Jahrhunderts auf dem Spielplan: Lulu von Alban Berg (in der bearbeiteten Orchesterfassung von Eberhard Kloke, die in Bozen zum ersten Mal in Italien zu sehen ist). Die Neuproduktion der Stiftung Haydn, in einer Inszenierung der Welsh National Opera, steht unter der Regie des Engländers David Pountney. Das Haydn Orchester dirigiert Lionel Friend. Fortgesetzt wird die Spielzeit im April mit zwei weiteren satirischen und gesellschaftskritischen Werken: Whatever Works, komponiert von der Südtirolerin Manuela Kerer und dem Mexikaner Arturo Fuentes, ist eine Koproduktion mit Wien Modern und steht am 1. und 3. April am Stadttheater Bozen (Studiotheater) auf dem Programm. Dimitri Schostakowitsch „schräge“ Oper Die Nase (Nos) wird am 22. und 24. April am Teatro Sociale in Trient, in einer Koproduktion mit der Neuen Oper Wien, über die Bühne gehen. Dirigent: Walter Kobéra. Inszenierung: Matthias Oldag.
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