„Das ist ein Witz“
Arno Kompatscher spricht Klartext: Der Landeshauptmann über den Rücktritt von Bürgermeister Spagnolli, die Zukunft des Benko-Projekts – und über Verschwörungstheorien in den „Dolomiten“.
Tageszeitung: Herr Landeshauptmann, die Tageszeitung „Dolomiten“ wirft Ihnen heute undemokratisches Verhalten vor. Sind Sie wirklich schlimmer als Ihr Vorgänger Luis Durnwalder?
Arno Kompatscher (lacht): Nein! Ich glaube, dass das, was die Zeitung heute schreibt, einfach nicht stimmt. Wir haben hier niemanden mit irgendetwas überrollt. Es bleibt auf jeden Fall weiter der Gemeinderat, der eine Entscheidung treffen muss.
Wie meinen Sie das?
Der Bürgermeister hat mir vor einer Woche in einer Anfrage mitgeteilt, dass er die Dienststellenkonferenz wieder einberufen möchte und das Land gebeten, diese Einberufungen als Eigentümer der betroffenen Immobilie mitzuunterzeichnen. Der Stadtrat von Bozen sei nämlich zum Entschluss gekommen, dass der Projektbetreiber einen neuen Vorschlag vorlegen soll. Ich habe dann beim Rechtsamt des Landes nachgefragt, ob das rechtens ist. Das Rechtsamt hat bestätigt, dass das in Ordnung geht. Der Gemeinderat von Bozen hat nämlich nicht den Stadtratsbeschluss aufgehoben, der die Richtlinien und die Rahmenbedingungen für das Projekt festlegt, sondern nur den Vertrag zwischen dem Stadtrat und dem Projektbetreiber.
Das heißt?
Es stimmt natürlich nicht, dass der alte Beschluss des Gemeinderats übergangen wird. Der neue Vorschlag, den der Projektträger vorlegen wird, muss sich an die vom Stadtrat festgelegten Richtlinien halten und wird dann erneut dem Gemeinderat zur Begutachtung vorgelegt. Ich habe dann am Dienstag die Landesregierung über den Wunsch der Gemeinde Bozen informiert.
Wie haben die Landesräte reagiert?
Sie haben gesagt, dass sie einverstanden sind. Wir haben dann beschlossen, in die Dienststellenkonferenz die gleichen Leute beim ersten Mal zu berufen. Dabei handelt es sich um keine Politiker, sondern um Techniker. Es bleibt am Ende eine Entscheidung der Stadt Bozen. Deshalb wundert es mich, wenn nun geschrieben wird, dass hier ein demokratisches Gremium übergangen wird.
Die „Dolomiten“ schreibt von einer Seilschaft zwischen Ihnen, dem Bürgermeister und dem Benko-Statthalter Heinz Peter Hager. Ist da was dran?
(klingt verärgert) Na bitte, hören Sie auf mit so etwas! Was da geschrieben wird, ist ein absoluter Blödsinn. So ein Witz!
Im Sommergespräch mit der TAGESZEITUNG haben Sie erklärt, dass das Projekt Benko noch nicht vom Tisch sei. Sie haben also Weitsicht bewiesen?
Der Bürgermeister hat mir mehrmals gesagt, dass er an dem Verfahren festhalten möchte. Deshalb habe ich gesagt, dass das Projekt noch nicht vom Tisch sei. Die Entscheidung obliegt nach wie vor der Gemeinde. Wir als Eigentümer der betroffenen Immobilie halten uns an den Wunsch der Stadt Bozen. Das hat übrigens auch schon die alte Landesregierung so gemacht. Ich wüsste nicht, warum wir jetzt sagen sollten, dass das so nicht passt. Wenn das der Wunsch des Bürgermeisters ist, soll ich dann hergehen und sagen: „Lieber Gigi, Entschuldigung, aber lass das lieber sein.“?
Sie haben sich, was das Projekt Benko betrifft, mit einer klaren Aussage immer zurückgehalten …
Und dabei bleibt es auch. Die Entscheidung trifft ausschließlich die Gemeinde.
Sie haben aber gesagt, dass das Stadtviertel unbedingt einer Aufwertung bedarf …
Und bei dieser Aussage bleibe ich. Diese Meinung teilen übrigens auch die Gegner des Projekts. Bozen muss einen Weg finden, um zu einer Aufwertung des Stadtviertels zu kommen.
Wie geht es in Bozen nun weiter?
Das regelt das Regionalgesetz: Entweder dem Ausschuss gelingt es, innerhalb von 30 Tagen eine neue Stadtregierung zu bilden, die die Amtsführung bis zu den ordentlichen Wahlen innehat. Oder es übernimmt der Kommissar.
Werden Sie den Kommissar ernennen?
Nein, das ist Kompetenz der Regierungskommissärin. Wir können auch keinen Namen vorschlagen.
Hat Sie die Entscheidung des Bürgermeisters überrascht?
Ja und nein. Sein Rücktritt ist in der Luft gelegen. Ich habe vollsten Respekt für die Entscheidung des Bürgermeisters. Ich habe ihn auch gestern (am Donnerstag, A.d.R.) angerufen und gefragt, was die Gründe sind. Er hat gesagt, dass es so nicht weitergehen kann. Er ist kein Sesselkleber, sondern hat erkannt, dass unter diesen Voraussetzungen keine Mehrheit gebildet werden kann. Dafür gebührt ihm Respekt. Spagnolli ist es gelungen, zu einer Integrationsfigur der Stadt Bozen zu werden – und das über die Sprachgruppen hinweg. Es ist ihm in den zehn Jahren viel gelungen. Wenn nun die politischen Voraussetzungen für eine Weiterarbeit nicht mehr gegeben sind, dann ist das zu respektieren. Nur der Zeitpunkt hat mich überrascht. Ich wurde am Donnerstag von Journalisten angerufen, die mich gefragt haben, was ich zum Rücktritt des Bürgermeisters sage. Ich habe dann gefragt: „Welchen Rücktritt meinen Sie?“
Interview: Matthias Kofler
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