Schule für Flüchtlinge
Zwischen Bozen und Meran beherbergt Südtirol bis zu 30 minderjährige Asylbewerber. Wie sie lernen und leben – und warum in der Passerstadt ein Flüchtlingskind nach dem anderen geboren wird.
Von Anton Rainer
Wenn die Mitarbeiter des in Meran betriebenen Haus Arnika über den Kindersegen der letzten Wochen sprechen, können sie sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen: „Ja, stimmt“, erklärt eine Mitarbeiterin, „da ist schon einiges auf uns zugekommen.“
Drei Flüchtlingsbabys kamen allein in der letzten Woche zur Welt, eine weitere schwangere Frau darf sich, wenn alles nach Plan verläuft, in den nächsten zwei Wochen auf Nachwuchs freuen. „Im kommenden Jänner erwarten wir dann Zwillinge und auch Ende Februar wird eine bei uns wohnende Frau ihr Kind zur Welt bringen“, erläutern die Caritas-Mitarbeiter vor Ort.
Kurz gesagt: Feierten italienische Medien noch vor wenigen Monaten das „erste Flüchtlingsbaby“, bräuchte Meran nun fast schon einen ständigen Kreissaal-Reporter.
Vor allem im von Caritas betriebenen Haus Arnika befindet sich derzeit ein gutes Dutzend Flüchtlings-Familien – mit, seit der kinderreichen vergangenen Woche, insgesamt 17 minderjährigen Bewohnern. Wie haben sie den Schulanfang erlebt?
„Der Großteil der Kinder ist jung, sehr jung“, erklärt Leonhard Voltmer, Mitarbeiter der Flüchtlingsberatung in der Caritas, „und damit meist zu jung für die Schule.“ Nur drei der 17 minderjährigen Asylbewerber erreichen derzeit das Grundschulalter, heißt es in Meran, der Rest besucht den Kindergarten oder sogar den Kinderhort. Klar sei jedenfalls: „Alle werden eingeschrieben.“
„Bei uns leben derzeit drei Neugeborene, ein zweieinhalbjähriges Mädchen, mehrere Fünf- bis Achtjährige – und viele Kleinkinder im Alter von zwei bis acht Monaten.“, erklären derweil die Helferinnen im Haus Arnika.
Vor allem bei letzteren bemühe man sich vonseiten der Caritas schon früh um eine Art Tagesbetreuung, vor allem Müttern wird dazu geraten, den Kinderhort in Anspruch zu nehmen. Das klappt nicht immer reibungsfrei, wie Leonhard Voltmer erklärt: „Diese Eltern haben meist wenig Geld und viel Zeit – klar, dass wir da einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen.“ So sei die Skepsis bei asylwerbenden Familien oft groß, denn: „In ihren Heimatstaaten kennt man solche Strukturen nicht.“
Für die Sozialvereine sind Kinderhorte und Kindergärten allerdings der erste Schritt einer langfristigen Integrationsstrategie: Das Ziel sei, so Voltmer, „die Kinder von Flüchtlingsfamilien vor allem sprachlich eine Generation überspringen zu lassen.“
Der Hintergedanke: Wer jetzt integriert, erspart sich später viel Arbeit.
Das sei insbesondere deswegen wichtig, weil sich derartige Bemühungen (noch) in Grenzen halten. „Es leben in der Tat nur relativ wenige minderjährige Flüchtlinge bei uns“, erklärt Luca Critelli vom Amt für Soziales, „95 Prozent sind alleinstehende Männer und Frauen.“. Trotzdem sei es richtig, dass Schule und Kindergarten über die „normale Schiene“ laufen.
Diese „normale Schiene“ hat sich vor allem in den letzten fünf Jahren in einem zentralen Punkt gewandelt:
Wurden Asylwerber in der Vergangenheit noch bevorzugt in italienischen Schulen aufgenommen, (Stichwort: Arbeitsmobilität in Italien und bestehende Sprachkenntnisse), kommen derzeit beinahe sämtliche Kinder in deutschen Strukturen unter. Eine Nachfrage im italienischen Schulamt ergibt: Über Flüchtlingskinder musste man sich bisher keine Gedanken machen.
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