„Das ist selbstmörderisch“
Der frühere EU-Parlamentarier Sepp Kusstatscher über die Woche des bedingungslosen Grundeinkommens – und die Sorge um das ständige Wachstum.
TAGESZEITUNG: Herr Kusstatscher, aktuell findet die Woche des bedingungslosen Grundeinkommens statt. Ist das Konzept in letzter Zeit so aus der Mode gekommen?
Bei uns ist das Thema vielleicht nicht so leicht verkäuflich. International wird aber sehr viel darüber diskutiert, in Finnland und den Niederlanden gibt es Pilotprojekte, im Iran wurde es sogar eingeführt – und sogar in der brasilianischen Verfassung ist das Grundeinkommen festgeschrieben. Das Ziel ist es, einen Paradigmenwechsel in die Köpfe der Menschen zu bringen. Man muss sie davon überzeugen, dass auch ein anderes System möglich wäre.
Was wäre denn die Hauptänderung in diesem System? Gewisse Formen der Grundsicherung gibt es ja in allen westlichen Ländern.
Aktuelle Systeme wie Hartz IV grenzen Leute aus und zwingen sie, Arbeit zu machen, die sie nicht machen wollen und für die sie nicht geeignet sind. Das muss sich ändern. Leider hat aber das internationale Großkapital die Medien in der Hand und teils auch die Politik. Deswegen merkt man vor allem in Gegenden, in denen die Grundsicherung nicht etabliert ist, dass es die Leute kaum begreifen können, monatlich einfach 800 bis 900 Euro überwiesen zu bekommen.
Kritiker sind ja nicht nur Großkapital und Weltbank – sondern vielleicht auch Leute, die gegen eine beliebige Verteilung von Geld sind.
Dazu nur ein Gegenargument: 27 Prozent der Kosten für Hartz IV fließen in Verwaltung und Kontrolle. Die Leute sagen mir oft: „Du wirst doch nicht Durnwalder und Laimer eine Grundsicherung zahlen.“ Ich antworte dann meistens: Würden diese Herren entsprechend hohe Steuern zahlen, würden sie ein Vielfaches von dem verlieren, was sie durch die Grundsicherung erhalten. Ohne eine radikale Veränderung der derzeitigen Steuerpolitik ist das Grundeinkommen nicht zu finanzieren.
Interview: Anton Rainer
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