Herwig dreht auf
Ein Artikel der TAGESZEITUNG sorgt für Verstimmungen in den diplomatischen Beziehungen zwischen Bozen und Innsbruck.
Von Matthias Kofler
Die Fraktionssprecher des Südtiroler und des Tiroler Landtags haben sich gestern in Innsbruck getroffen, um über die weitere Zusammenarbeit der beiden Länder in der Europaregion Tirol zu diskutieren. Ganz oben auf der Tagesordnung sollte eigentlich die aktuelle Flüchtlingskrise stehen, der Tirol und Südtirol versuchen, Herr zu werden.
Zu Beginn der Sitzung waren jedoch zwei Abwesende das Top-Thema: die TAGESZEITUNG und die Trentiner.
Die TAGESZEITUNG hatte am Donnerstag darüber berichtet, dass der Präsident des Tiroler Landtags, Herwig van Staa, eigenmächtig auch seinen Trentiner Amtskollegen Bruno Dorigatti zu dem Treffen in Innsbruck eingeladen hatte. Dies sorgte jedoch für Irritationen aufseiten der Südtiroler Delegation. „Einige von uns waren verwundert und erzürnt“, berichtete ein Fraktionssprecher des Südtiroler Landtags, „van Staa hat, ohne uns zu fragen, Dorigatti eingeladen. Wir brauchen weder Beobachter noch Aufpasser. Wenigstens fragen hätte er uns können.“
Herwig van Staa hat den Artikel offensichtlich nicht goutiert. In der Sitzung am Freitag brachte der Tiroler Landtagspräsident ungeniert seinen Unmut zum Ausdruck. „Opfer“ seines Zorns war – wie so oft – die Überbringerin der Nachricht: Die TAGESZEITUNG sei „ein Schundblattl“, sagte der ÖVP-Politiker und ehemalige Tiroler Landeshauptmann. Was hier geschrieben wurde, sei „mieser Journalismus“. „Die Tiroler laden gefälligst ein, wen sie wollen und haben niemanden ausgeladen.“ Und van Staa fragte nach dem „Bösen“, der die Zeitung informiert habe.
„Der Herr van Staa hat ordentlich aufgedreht“, erinnert sich ein Teilnehmer des Treffens.
Doch: Der Inhalt des Artikels wurde nicht widerlegt – weil er auch nicht falsch ist.
Dorigatti selbst konnte an dem Treffen nicht teilnehmen, weil er zur selben Zeit in Rom bei der Präsidentenkonferenz weilte. Vertreter hat er aber auch keinen zu den Nordtiroler Freunden geschickt.
Von Südtiroler Seite wurde umgehend klargestellt, dass es in der Tat Verwunderung im Südtiroler Fraktionssprecherkollegium gegeben habe. Der Tenor: Ohne die Südtiroler vorab zu informieren, sei einfach ein Dritter zum Treffen eingeladen worden. Die Abgeordneten Pius Leitner, Sven Knoll und Andreas Pöder hoben hervor, dass es ihr Wunsch sei, den Zweierlandtag Südtirol/Nordtirol wieder zu aktivieren. Dafür brauche es das Trentino nicht.
Landtagspräsident Thomas Widmann musste beschwichtigend eingreifen: Er bestätigte gegenüber den Tiroler Kollegen, dass im Südtiroler Landtag einige Fraktionssprecher „verwundert über die Vorgangsweise“ gewesen seien.
Die Nordtiroler Clubobleute zeigten Verständnis für die Kritik und betonten, dass es nicht richtig sei, dass man den Südtiroler Landtag vorab einfach nicht gefragt bzw. nicht informiert hat.
Insgesamt bestanden die Nordtiroler jedoch darauf, dass künftig die Trentiner bei den bilateralen Treffen dabei sein sollen. Sie forderten eine Art „Dreiecksbeziehung“.
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