„Du blöde Kuh“
Die SVP-Fraktion will sich mit ihrer Initiative, anonyme Online-Kommentare zu verbieten, nicht die Finger verbrennen – und sucht Verbündete. Doch die Opposition ist gespalten.
Von Matthias Kofler
Der Landtag macht den anonymen Kommentatoren im Netz den Garaus. Wie berichtet, soll der Entwurf für das neue Mediengesetz dahingehend abgeändert werden, dass Portale, auf denen weiterhin ohne Namen kommentiert (und geschimpft) werden kann, keine Förderbeiträge des Landes erhalten.
Der Entwurf soll bereits in der ersten Sitzungswoche Mitte September behandelt werden.
Auch in der Fraktionssprechersitzung am Dienstag stand das Thema auf der Tagesordnung. Unter dem Punkt „Allfälliges“ erklärte SVP-Fraktionschef Dieter Steger, dass er alle Parteien im Landtag bei der Neuregelung der Online-Foren miteinbeziehen wolle. Und er fragte, welche der Kollegen bereit seien, die Initiative seiner Fraktion mitzutragen. „Die SVP hat offensichtlich kalte Füße bekommen und gemerkt, dass sie sich mit ihrer Forderung die Finger verbrennen kann“, sagt ein Teilnehmer der gestrigen Fraktionssprechersitzung. Deshalb habe sie am Dienstag „nach Mittätern gesucht“.
Das Problem: Die Opposition ist in der Frage, ob man das Kommentieren mit Pseudonymen verbieten soll, gespalten. Es gibt Abgeordnete, die am liebsten noch heute den anonymen Kommentaren den Riegel vorschieben würden. Und wieder andere, die dem SVP-Vorhaben, über das Mediengesetz eine Klarnamenpflicht einzuführen, nichts abgewinnen können.
Andreas Pöder gehört zur zweiten Gruppe. Der Ansatz, Medien über die Förderbeiträge zu disziplinieren, sei falsch, sagt der Abgeordnete der BürgerUnion. Das käme „einer Art goldenem Maulkorb“ gleich. Pöder spricht sich stattdessen für eine „Selbstregulierung der Medien“ aus: „Medien sollten Online-Kommentare ähnlich behandeln wie gedruckte Leserbriefe – immer mit offenem Visier, immer mit Namen und Herkunft.“
Eine ähnliche Haltung nimmt Ulli Mair ein: Eine Regulierung über den Förderungsweg sei „schwierig“, meint die Freiheitliche. Zwar habe sich ihre Fraktion mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt. „Ich bin aber grundsätzlich der Meinung, dass es in einer Demokratie möglich sein muss, kritisiert zu werden, zu kritisieren und zu seiner Kritik zu stehen“, sagt Ulli Mair. Der „Shit-Storm im Netz“ betreffe nicht nur Politiker, sondern auch Künstler, Sportler und Unternehmer. Es gebe viele, die „aus der Anonymität heraus auf Leute schießen, die dann aber, wenn man vor ihnen steht, nicht den Mut haben, diese Kritik zu wiederholen“, sagt die Freiheitliche. Und dafür müsse zusammen mit den Medien eine Lösung gefunden werden.
Klar für ein Verbot der anonymen Kommentare spricht sich Elena Artioli aus. „Ich verstehe alle, die sie heiß haben, wenn sie im Netz als ,blöde Kuh’ beschimpft werden – und die Schreiber nicht das Gesicht herzeigen müssen.“ Zumal oft hinter den Kommentatoren Leute steckten, die mit der kritisierten Person alte Rechnung begleichen wollten, so die Abgeordnete des A-Teams.
Riccardo Dello Sbarba plädiert dafür, zusammen mit den Medien nach einer Lösung zu suchen. Eine Neuregelung sollte aber nicht über das Mediengesetz vorgenommen werden. Für viele Portale seien die Fördergelder nämlich „lebensnotwendig“. Aus der Sicht des Grünen ist der Umgang mit Online-Kommentaren durchaus problematisch – auch für die Journalisten: Zum Beispiel könnten User mit zehn verschiedenen Nicknames zehn Mal denselben Kommentar abgeben. „Es müssen technische Möglichkeiten gefunden werden, mit denen wieder ,a bissele Ehrlichkeit’ in die Diskussion zurückkehrt, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken“, so Riccardo Dello Sbarba.
In dieselbe Kerbe schlägt auch Paul Köllensperger: „Eine solche Regelung sollte nicht über das Förderungsgesetz getroffen werden“, sagt der Abgeordnete des Movimento 5 Stelle. Es gebe zwar das Problem mit den Hetz-Kommentaren. „Wer aber zieht die Grenze und sagt, welcher Kommentar Hetze ist und welcher einfach nur böse?“, fragt sich Köllensperger. Zudem habe die Initiative über das Mediengesetz den „Beigeschmack der Medien-Züchtigung“. Es gebe technische Lösungen wie die Veröffentlichung der IP-Adressen, die zielführender sei.
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