Gefährliche Bühnen
Mit Oktober 2013 wurde die Kompetenz für die Genehmigung öffentlicher Veranstaltungen den Gemeinden übertragen. Zwei Jahre später sorgt die „Entbürokratisierung“ noch immer für Schwierigkeiten.
Von Anton Rainer
Es war eine der letzten Amtshandlungen von Landeshauptmann Luis Durnwalder: Im Oktober 2013, drei Tage vor den bevorstehenden Wahlen, legte die Landesregierung eine Kompetenzverschiebung vor, die es in sich hatte. War bis dahin noch das Land (besser: die „Landeskommission für öffentliche Veranstaltungen“) für die Genehmigung von Veranstaltungen mit mehr als 2.000 Besuchern zuständig – sollte nun dieselbe Tätigkeit von den 116 Gemeinden Südtirols durchgeführt werden. Das Ziel: Eine nachhaltige „Entbürokratisierung“ mit Vertrauensvorschuss. Können die Gemeinden, wofür bisher ein Landesamt beauftragt werden musste?
Fast zwei Jahre später kann diese Frage noch immer nicht endgültig beantwortet werden. Während die Gemeinden seit Monaten über weiterhin ausstehende Durchführungsbestimmungen klagen – zweifeln Insider daran, dass gerade in kleineren Ortschaften ordentliche Sicherheitskontrollen durchgeführt werden.
„Seit die Gemeinden dafür zuständig sind, werden die Veranstaltungen vielerorts einfach nur durchgewinkt“, berichtet ein Bozner Bauunternehmer, „und dafür benötigte Bühnen bestehen oft nur aus ein paar Brettern.“
Auch beim Handels- und Dienstleistungsverband kennt man das Problem der unklaren Zuständigkeiten. Erst im Februar dieses Jahres tourte Alex Ploner, Präsident der Eventdienstleister durchs Land – um Gemeindetechnikern, Bürgermeistern und Veranstaltern ihre Sorgen zu nehmen. Hat es geklappt?
„Wir warten noch immer auf die Durchführungsbestimmungen“, erklärt auch Alex Ploner und verweist auf Versprechungen vonseiten der Landesregierung. Spätestens im Herbst soll den Gemeinden diesbezüglich unter die Arme gegriffen werden – auch um die rechtliche Handhabung zu harmonisieren. „Derzeit ist es so“, erklärt man beim hds, „dass manche Gemeinden sehr vorsichtig sind, weil sie Angst davor haben, im Schadensfall haften zu müssen. Andere Gemeinden wiederum sind deutlich kulanter mit den Veranstaltern.“ Vielleicht zu kulant?
Grundsätzlich haben sich die gesetzlichen Bestimmungen seit 2013 zwar kaum geändert, bis auf kleinere Anpassungen müssen sich auch die Gemeinden theoretisch an die bisher gültigen Sicherheitsbestimmungen halten. Dazu zählen: Werkstoffe der richtigen Bauklasse, Einhaltung der Feuerwiderstandsgrenzen, von außen zugängliche Bühnenräume, durch Lieferanten verfasste Konformitätserklärungen und vieles mehr.
Aber, so Alex Ploner: „Wer sagt schon einem Feuerwehrkommandanten drei Stunden vor Beginn des Fests, dass die Bühne so nicht stehen kann?“ Heißt übersetzt: Hält sich ein Veranstalter nicht an die geltenden Bestimmungen – schaut eine Gemeinde schon mal kulanterweise weg. Und riskiert, wie auch Veranstalter und Lieferanten, hohe Strafen.
Besonders eklatante Beispiele für derartige Bühnenbasteleien finde man im ganzen Land, berichten verärgerte Unternehmer, die sich gegenüber unseriös arbeitenden (aber billigeren) Lieferanten benachteiligt sehen.
Kontrollen des Landes jedenfalls sind bis auf weiteres vom Tisch: Seit 2013 die Übertragung der Kompetenzen beschlossen wurde, ist die vormals zuständige Landeskommission zu einem zahnlosen Instrument verkümmert.
Zwar wurden ihre Mitglieder seit der letzten Bestellung im Februar 2015 gleich zweimal aufgrund von Pensionierungen ausgetauscht – zusammengetreten ist die in diesem Jahr erweiterte Kommission aber bisher kein einziges Mal.
Umso aktiver ist man hingegen in den Gemeinden – und macht Druck auf die Landesregierung, die die aktualisierten Durchführungsbestimmungen noch in diesem Herbst vorlegen will. Bis dahin regiert, trotz erster vereinheitlichter Leitlinien im Gemeindenverband, die Unsicherheit. „Es gibt Gemeindetechniker, die genau sind und solche, die noch genauer sind“, klagt man im hds – weiß aber auch von Gegenbeispielen.
Alex Ploner: „Wenn der Kollege vom Kollegen eine Bühne zusammenzimmert, wird kein Mensch eine Konformitätserklärung verlangen. Das kann durchaus ein Problem sein.“
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