Beethoven aus China
Wie wird das wohl klingen? Am 25. August um 20.30 Uhr eröffnen das Orchester und der Chor der chinesischen Nationaloper aus Peking mit Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie die 30. Ausgabe der Meraner Musikwochen.
Am Pult steht Opernchef Yu Feng. Instrumentalsolistin ist Mélodie Zhao. In der prachtvollen Jugendstilatmosphäre des Kursaals wird die in der Schweiz geborene 21jährige Pianistin mit chinesischen Wurzeln eine Bearbeitung der Chorkantate „Der gelbe Fluss“ des chinesischen Komponisten Xian Xinghai – eines der beliebtesten chinesischen Musikwerke überhaupt – interpretieren. Danach steht Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie auf dem Programm – in einer Interpretation aus dem „Reich der Mitte“, auf die man durchaus gespannt sein darf.
Die 1952 gegründete chinesische Nationaloper ist heute die größte Oper in China und im asiatisch-pazifischen Raum. Die Nationaloper unterhält ein Opernensemble, einen Chor, ein sinfonisches Orchester und eigene Werkstätten. In mehr als 50 Jahren wurden hier zahlreiche westliche Opernklassiker aufgeführt wie etwa „La Traviata”, „Madame Butterfly”, „Carmen”, „Rigoletto”, „Le Nozze di Figaro”, „Il Trovatore”, „Die Fledermaus” der „Tannhäuser”. 1986 arbeitete das Theater mit dem Tenor Luciano Pavarotti bei einer Inszenierung von „La Bohème” zusammen, 1999 kooperierte das Haus mit Josè Carreras. 2001 beteiligte sich die Oper an einem Konzert der Tenöre Pavarotti, Domingo und Carreras in der Verbotenen Stadt in Peking. Auch im 21. Jahrhundert bleibt dieses Musiktheater dem Prinzip der internationalen Ausrichtung treu und übt weiterhin seine Rolle als eine der wichtigsten Institutionen chinesischer Kultur und als „Brücke“ zur westlichen Musik aus.
Mélodie Zhao wurde am 7. September 1994 in Gruyère geboren. Sie nahm ab dem Alter von drei Jahren Klavierunterricht bei Jiaquan Chen, Professorin an Chinas Zentralem Konservatorium in Peking. Mit neun Jahren studierte sie im Genfer Konservatorium, mit 13 Jahren immatrikulierte sie sich an der Genfer Musikhochschule für den Studiengang Bachelor of Arts of Music, wo sie von Pascal Devoyon betreut wurde. Mit 14 Jahren erwarb sie ihren Bachelortitel mit Anerkennung der Jury. Mit zehn Jahren gab sie ihr erstes Solokonzert in Genf und spielte zum ersten Mal als Solistin mit einem Orchester. Seit ihrem zwölften Lebensjahr arbeitet die junge Pianistin an ihrer internationalen Karriere als Konzertpianistin. Mit 13 Jahren nahm die Virtuosin die 24 Etüden von Chopin auf, mit 16 die 12 Transzendentalen Etüden von Liszt und zwischen 17 und 19 Jahren alle Beethoven-Sonaten, die beim Label Claces auf zehn CD’s veröffentlicht wurden. 2013 folgten dann Tschaikowskys Klavierkonzerte Nr. 1 und 2 mit dem Orchestre de la Swiss Romande.
Der Bürgerkrieg und die japanische Besatzung (1937 – 45) brachten großes Leid über China. Die Musik spendete dabei dem chinesischen Volk Trost und Mut. Ein Beispiel dafür ist Xian Xinghais 1939 entstandenes Chorwerk „Großer Gesang vom Gelben Fluss“. Mao Zedongs Frau Jiang Qing gab den Auftrag dieses Werk in ein Klavierkonzert umzuarbeiten. Da der Komponist den Sieg der Partei nicht mehr selbst erlebt und in seinem Werk dargestellt hatte, wurden nachträglich die „Internationale“ und die Mao-Hymne „Dongfanghong“ („Der Osten ist rot“) eingefügt. Ein Team von Komponisten, Pianisten und Arrangeuren erarbeitete gemeinschaftlich das neue Konzert. Der Klavierpart übertraf alles bisher Gehörte. Und die chinesischen Massenmedien sorgten für die angemessene Verbreitung. Ob es an Jiang Qings Medienmacht oder an der Erhabenheit des Originals liegt – das „Klavierkonzert vom Gelben Fluss“ ist bis heute ein beliebter „Klassiker“ der modernen chinesischen Musik.
Infos & Tickets: www.meranofestival.com
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