Glück im Gras
Auf einem Hof im Ahrntal wurde dieser Tage die Ernte eingefahren: Cannabis, das nicht geraucht wird, sondern zu Ziegeln, Dämmstoff, Bier oder Schokolade verarbeitet wird.
von Silke Hinterwaldner
Auf dem Bild sieht Peter Grünfelder aus wie der glücklichste Mann der Welt. Er steht in einem riesigen Feld reifer Cannabispflanzen und strahlt übers gesamte Gesicht: Dabei weiß der Mann aus Bozen ganz genau, dass man dieses Gras nicht rauchen kann. Es enthält weniger als 0,2 Prozent des halluzinogenen Wirkstoffes THC und ist somit traditioneller Industriehanf.
„Daraus werden Lebensmittel, Textilien oder Baustoffe hergestellt“, sagt Grünfelder, der zusammen mit einigen Freunden in Bozen das „Cannabis Competence Center“ gegründet hat, um – kurz gesagt – den Stellenwert von Hanf zu verbessern. „Die Szene ist noch sehr klein“, sagt Grünfelder, „aber man kennt sich.“ So kam es auch, dass er bei der Hanfernte im Ahrntal helfen durfte.
Auf diesem Hof im Ahrntal wurde heuer ein großes Feld Hanf angelegt. Abnehmer dieses Rohstoffes ist ein Unternehmen mit Sitz in Bruneck. Christoph Kirchler gehört zu den Gründern von EcoPassion und hat sich zum Ziel gesetzt, alles Mögliche aus Hanf herzustellen. Wenn man ihn darauf anspricht, schwärmt er von den ausgezeichneten Eigenschaften der Pflanze. Hanf wird verwendet, um Ziegel zu produzieren, er wird zur Dämmung verwendet, aber es werden auch Produkte wie Kleider oder Lebensmittel daraus hergestellt, etwa Schokolade oder Bier. Kirchlers Unternehmen hat bereits das erste Hanfhaus errichtet und baut Sauna-Iglus aus diesem Material. Im Bau befindet sich außerdem eine Hanf-Kapelle im Ahrntal. „Wir sind noch in der Experimentierphase“, erzählt Christoph Kirchler.
Damit hat er vor nunmehr drei Jahren begonnen. Damals wurden mit EU-zertifiziertem Saatgut die ersten Felder in Südtirol bepflanzt. Im vergangenen Jahr gab es zwei Felder in der Pusterer Talsohle und eines in Antholz. Heuer arbeitet man mit sechs Bauern in Südtirol zusammen – darunter jener Hof im Ahrntal, auf dem in diesen Tagen die Ernte eingefahren wurde.
Aber das reicht bei weitem nicht. Um den Bedarf abzudecken, importiert EcoPassion auch Hanf aus Österreich. Dort wird derzeit auch noch ein Großteil davon verarbeitet. „Aber“, verspricht Kircher, „schon im nächsten Jahr möchten wir die Produktion nach Südtirol verlegen.“ Mittlerweile hat man für die hiesigen Bedingungen das richtige Saatgut gefunden und die richtige Erntemethode entwickelt. Gute Voraussetzungen, um großflächiger Hanf anzubauen.
Für die Bauern lohnt es sich, sind Kirchler und Grünfelder überzeugt. Hanf wachst schnell, ist unkompliziert, gut für die Böden und derzeit bei Abnehmern sehr gefragt. Nur: Der bürokratische Aufwand ist größer als beim Kartoffelanbau, schließlich muss man bei den Behörden Meldung erstatten: Es werde hier Industriehanf und keine Droge angebaut – die Verwechslungsgefahr ist sehr groß.
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