„Ich höre auf“
Je härter, desto besser: Manfred Reichegger ist seit 20 Jahren Skitourenläufer, aber er hat auch gezeigt, dass er mit den Skyrunnern, den extremen Bergläufern, mithalten kann. Warum Reichegger trotzdem ans Aufhören denkt.
TAGESZEITUNG Online: Herr Reichegger, Sie haben am Wochenende ein durchaus anspruchsvolles Rennen am Mont Blanc gewonnen. Kehren Sie jetzt dem Wintersport den Rücken?
Manfred Reichegger: Ganz bestimmt nicht! Das Rennen war lediglich Teil meines Trainingsprogrammes im Sommer. So bereite ich mich auf die Wintersaison und die Skitourenrennen vor.
Aber wie sich zeigt, können Sie durchaus auch bei den Bergläufen mithalten…
Skyrunner, das sind Himmelsläufer. Der Unterschied zu einem normalen Berglauf besteht darin, dass man in extrem steilem Gelände unterwegs ist, dass man bis auf Quoten von 4.000 Metern hinaufläuft und dass man auch Leitern, Fixseile und Stöcke zu Hilfe nehmen kann. Das gefällt mir und das liegt mir anscheinend auch recht gut.
Wie kommt es, dass Sie bei diesem Sport im Spitzenfeld mitlaufen können?
Das Problem besteht heutzutage auch darin, dass es sehr viele Läufe gibt, die unter Umständen auch gleichzeitig ausgetragen werden. So gab es am Samstag auch ein Rennen in Turin und die besten Läufer haben sich auf diese beiden Rennen aufgeteilt. Damit ist die Konkurrenz nur mehr halb so groß.
Ist es trotzdem für Sie eine Überraschung, dass Sie dieses Rennen mit fünf Minuten Vorsprung für sich entscheiden konnten?
Das hatte ich mir nicht erwartet. Je steiler und extremer ein Rennen ist, desto besser für mich. Vor drei Wochen habe ich erst die Italienmeisterschaft im Vertical-Lauf gewonnen. In diesen Disziplinen kann ich Bestzeiten überbieten, aber bei normalen Bergläufen kann ich nicht mithalten.
Welche sportlichen Ziele verfolgen Sie?
Ich bin am Ende meiner Karriere. Jetzt schon seit 20 Jahren bin ich Mitglied der Heeres-Sportgruppe. Es ist freilich für mich immer noch schön, vorne mithalten zu können. Mit 38 Jahren gilt man im Spitzensport gemeinhin als alter Mann, aber in unserem Sport kann man länger dabei sein, immer vorausgesetzt, dass man gesund bleibt.
Was haben Sie vor, wenn Sie als Profi-Sportler in Rente gehen?
Ich habe mein gesamtes Leben nichts anderes getan und nichts anderes gelernt. Für mich ist klar, dass ich weiterhin in diesem Bereich tätig sein werde. Sport ist meine Zukunft, vielleicht als Trainer, aber das muss sich erst alles weisen.
Wie ist es um den Nachwuchs im Skibergsteigen bestellt?
Beim Skitourenlauf schaut es schwach aus. In der Vergangenheit hat stets die Unterstützung gefehlt. Es gibt nur wenige Vereine, die mit jungen Leuten arbeiten. Heuer hat man zwar einen Landeskader gegründet, aber das ist erst ein erster wichtiger Schritt. Südtirol steht noch am Anfang, während andere Regionen Clubs mit bis zum 60 jungen Läufern haben. Dazu muss man ergänzen: Italien ist das Mekka der Skitourenläufer. Hier gibt es eine lange Tradition, die in Südtirol aber fehlt.
Wie sind Sie selbst zu diesem Sport gekommen?
Begonnen habe ich als Langläufer, aber nach vier Jahren musste ich mich entscheiden. Wer es nicht in den Weltcup schafft, hat keine Chance, deshalb habe ich mich umorientiert. So habe ich es mit den ersten Rennen beim Skitourenlauf versucht und das hat gleich gut geklappt. Eines sei dazu gesagt: Vor 20 Jahren gab es nur sehr wenige, einzelne, die diesen Sport ausgeübt haben. Und diese Skitourengeher wurden eher belächelt. Heute ist das ganz anders.
Nehmen Sie auch noch an Rennen in Südtirol teil?
Im Sommer möchte ich nicht an allzu vielen Rennen teilnehmen. Ich bin aber unter anderem Organisator des Vertical Run in Mühlwald, Carezza und Gossensaß. Das Finale findet am 5. September statt und ich nehme an allen Rennen teil. Im Winter wiederum gibt es sehr viele Rennen, etwa in Weißenbach oder in Martell bin ich auch mit von der Partie.
Was haben Sie in den kommenden Monaten vor?
Für den Sommer sind keine großen Rennen mehr geplant. Jetzt konzentriere ich mich voll auf die Vorbereitung für den Winter, vielleicht auch noch mit dem einen oder anderen Vertical-Lauf. In diesem Winter versuche ich es noch einmal, aber dann könnte Schluss sein. Freilich: Wenn die Resultate stimmen, hat man immer auch Lust weiterzumachen. Bleibt der Erfolg aus, sinkt die Motivation. Lassen wir und überraschen von dem, was die Zukunft bringt.
Interview: Silke Hinterwaldner
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