Die italianisierte Briefmarke
Der Heimatbund kritisiert: Auf der neuen Geisler-Briefmarke stehe nur der von Tolomei erfundene Name „Le Odle“. Auch die Süd-Tiroler Freiheit meldet sich zu Wort.
Als völlig überflüssig bezeichnet der Südtiroler Heimatbund die Aussage von Landeshauptmann Kompatscher zur Briefmarke „ITALIA- Gruppo delle Odele“.
„Die Aussagen des Staatssekretärs, dass eine Briefmarke Wissen zwischen den Kulturen vermittelt, wird schon mit der faschistischen Bezeichnung der Villnösser Geisler mit Gruppo delle Odele als inhaltslos enttarnt. Statt die Rede als Balsam zu bezeichnen, hätte der Landeshauptmann zumindest die Probleme mit der Post ansprechen können. Aber das wird er in seiner Freude wohl vergessen haben“, so SHB- Obmann Roland Lang.
Lang weiter: „Statt des Balsams für eine einsprachige italienische Briefmarke, die nicht der dreisprachigkeit Südtirols (Dolomiten, Dolomiti, Dolomites) Rechnung trägt, wird das Gebirge auch noch mit dem von Tolomei erfundenen Namen genannt. Bei ‘Le Odle‘ handelt es sich um die italienisierung der ladinischen Form ‘Le Odles‘. Einen echten italienischen Namen für die Gebirgsgruppe hat es nie gegeben. ‘Le Odle‘ ist somit weder Italienisch noch Ladinisch und wurde erst mit Tolomei und dem Faschismus eingeführt.“
So werde nun wieder einmal, diesmal mit 800.000 Briefmarken, rund um die Welt verkündet, dass es in Südtirol den italienischen Gebirgszug „Gruppo delle Odele“ gebe und dieses Gebiet schon durch seine italienischen Namen immer Italien gewesen sei.
„Selbstverständlich scheint bei Poste Italiane für die Briefmarkensammler und auf der Briefmarke der Südtiroler Fotograf Georg Tappeiner nicht auf, nur die italienische Grafikerin Anna Maria Maresca“, so Roland Lang.
Auch die Süd-Tiroler Freiheit hat zur Geisler-Briefmarke Stellung bezogen. Hier die vollständige Pressemitteilung:
Cristian Kollmann, Toponomastikexperte der Süd-Tiroler Freiheit, übt Kritik an der jüngst vom italienischen Kommunikationsministerium herausgegebenen Briefmarke, auf der die Geislerspitzen abgebildet sind.
„Die Briefmarke zeugt, entgegen den Worten des Kommunikationsministers, keineswegs von der ‚Anerkennung für die hier lebende Bevölkerung‘, sondern im Gegenteil: von Hohn auf dieselbe!“, schreibt Kollmann. Der Sprachwissenschaftler fragt sich: „Wie ist es sonst zu erklären, dass auf der Briefmarke weder der deutsche Name „Geislerspitzen“ noch der ladinische Name „Le Odles“ zu finden ist und somit die autochthone Bevölkerung ignoriert wird?“
Und Kollmann weiter: „Zum Welterbe der Dolomiten gehört nicht nur die Kultur, sondern auch die Namenlandschaft. Diese gilt es zu pflegen, und nicht mit pseudoitalienischen Begriffen wie „Le Odle“ zu kontaminieren. Mit der Briefmarke hätte sich aufgrund ihres hohen Verkehrswertes die Gelegenheit geboten, durch die Angabe der authentischen deutschen und ladinischen Gebirgsbezeichnung die jeweiligen Sprachen aufzuwerten statt subtil in Abrede zu stellen.“
Etymologie (= Herkunft und ursprüngliche Bedeutung) von Geislerspitzen / Le Odles: An der Basis des deutschen Namens steht der einstige Personenname Geisel aus althochdeutsch Gîsilo. Er findet sich noch in Zusammensetzungen wie Geiselher, Geiselbert und in einfacher Form im Frauennamen Gisela. Die Geislerspitzen sind somit nach einer Person benannt. Ob es sich bei dieser um den einstigen Besitzer handelt, ist ungewiss. Die ladinische Bezeichnung Le Odles ist der Plural von (La) Odla wie z.B. in Gran Odla = Geislerpitze. Das ladinische Substantiv odla bedeutet ‘Nadel (Nähnadel, Baumnadel)’ und bezeichnet in der Namenlandschaft besonders spitz zulaufende Berggipfel. Das Wort geht zurück auf lateinisch *acúcula ‘kleine Nadel’, einer Diminutivbildung (Verkleinerung) von acus ‘Nadel’. Bei Le Odle dagegen handelt es sich um eine tolomeische Adaption (Anpassung) des ladinischen Namens, d.h. mit Italianisierung der ladinischen Pluralendung. Ein authentischer italienischer Name für die Geislerspitzen lässt sich definitiv nicht nachweisen.
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