Der Grenzgänger
Drei Jahrzehnte ist der Passeirer Schäfer Alfons Gufler jeweils im Sommer mit seiner Herde übers Timmelsjoch ins Ötztal gezogen. Heuer musste er aufhören. Es ist das Ende einer langen Tradition.
von Karin Gamper
Alfons Gufler sitzt in der Küche seines Hofes in Pfelders und sagt: „Ein paar Sommer wären noch gegangen, es hätte nicht so weit kommen müssen“. Man sieht dem Bergbauern an, dass er über seinen erzwungenen Ruhestand alles eher als glücklich ist.
Alfons Gufler ist eine Institution, und das nicht nur im Passeiertal. 32 Jahre lang ist der gebürtige Rabensteiner im Sommer mit Hunderten von Tieren über das Timmelsjoch gezogen, um sie auf österreichischem Boden weiden zu lassen. Dazu hatte er von einer Interessentschaft die Gurgler Alm (2.270 m) und die Kippele Alm (2.300 m) gepachtet. Schafe vorwiegend, doch auch Ziegen und einige wenige Kühe waren im Zug mit dabei. Der Auftrieb war jedes Mal ein Spektakel, der Schäfer und seine Herde wurden begleitet von Gendarmerie, Touristen, Fotografen und Filmleuten.
Seit heuer ist Schluss. Die österreichische Bürokratie hat sich in Gestalt des Amtstierarztes bemerkbar gemacht und den Auftrieb der Südtiroler Herde untersagt. „Der Brief ist im Frühjahr angekommen“, erzählt Gufler. Über das Verbot sagt er nur: „In Italien grassiert eine Seuche und Österreich hat den Übergang unseres Viehs untersagt“. Insgeheim hegt er den Verdacht, dass möglicherweise andere Gründe dahinterstecken. „Politische“, wie er verschwörerisch meint. Aber ändern kann er an der Verfügung ohnehin nichts mehr.
Und so endet mit heuer eine lange Tradition. Das Auftriebsverbot gilt – so sagt der Schäfer – sieben Jahre. Gufler ist 76 und die Schafe, die er stets in Obhut hatte, mussten im Frühjahr schleunigst auf anderen Almen untergebracht werden. Das wird es wohl kein Zurück mehr geben.
Also bleiben dem Passeirer nur die Erinnerungen an eine schöne Zeit, als er monatelang ganz allein über 1.000 Schafe wachte. „1.470 Tiere waren es einmal“, erinnert sich Gufler. Da hatte er alle Hände voll zu tun. Er war den ganzen Tag unterwegs, um nach dem Rechten zu sehen und die verstreuten Schafe mit Salz zu versorgen. Da ging es schon mal hoch hinaus bis in die 3.000 Meter, um auch noch das letzte Vieh zu erreichen. Einsam hat er sich nie gefühlt so alleine da oben, nur Angst hatte er hin und wieder: „Wenn ein Gewitter aufzog und ich nirgends unterstehen konnte“.
DIE GANZE GESCHICHTE DES ALFONS GUFLER LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE.
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