Krimi um Enthaltungen
Wurde das Benko-Projekt vom Bozner Gemeinderat doch mehrheitlich genehmigt? Es gibt nun rechtliche Zweifel, ob die drei Enthaltungen mitzuzählen waren.
von Thomas Vikoler
Im Gemeinderat von Falcade in der Provinz Belluno gab es im Jahre 2006 eine eindeutige Mehrheit für die Abänderung des Bauleitplanes. So entschied jedenfalls – im Gegensatz zum Verwaltungsgericht Venedig – im Jahre 2012 der Staatsrat.
Ein Fall, der einige Ähnlichkeiten mit der Benko-Abstimmung am vergangenen Donnerstag in Bozen hat.
In Falcade stimmten von den zehn anwesenden Räten fünf für den Beschluss, drei dagegen, zwei enthielten sich – sie hatten sich zuvor für befangen erklärt und trotzdem mitgestimmt. Der Beschluss wurde für angenommen erklärt, eine Bürgerin focht die Entscheidung an.
Für das Benko-Projekt stimmten im Bozner Rat hingegen 22 Räte, 19 dagegen, drei enthielten sich.
Ratspräsident Luis Walcher erklärte den Beschlussgegenstand für abgelehnt, weil die „Mehrheit der Abstimmenden“, wie es im Reglement des Gemeinderates heißt, nicht dafür war. Die Enthaltungen waren folglich den Nein-Stimmen zugeschlagen worden. Auf diese Praxis hatte vor dem Votum Generalsekretär Antonio Travaglia ausdrücklich hingewiesen.
Niemand brachte dagegen Einwände vor.
Im Urteil des Staatsrats, mit der die Vorgangsweise der Gemeinde Falcade als rechtlich einwandfrei bestätigt wurde, wird auf ein alternatives Berechnungssystem verwiesen: Das funktionale Quorum. In diesem Fall werden die Enthaltungen nicht mitgezählt, weil davon ausgegangen wird, dass sie Ausdruck einer (erklärten) Nicht-Teilnahme an der Diskussion und der Abstimmung sind.
Das funktionale Quorum gilt etwa im Südtiroler Landtag oder in der römischen Abgeordneten-Kammer, wo allein die Ja- bzw. Nein-Stimmen gezählt werden.
Maria Teresa Tomada, ehemalige Bozner Gemeinderätin der Fratelli d`Italia, weist auf diese „Ungereimtheit“ hin und geht aufgrund des Staatsratsurteils davon aus, dass der Bozner Gemeinderat für das Benko-Projekt gestimmt hat. 22 dafür, 19 dagegen.
Das Problem dabei:
Im Unterschied zum Fall in Falcade gab es in Bozen keine erklärten Unvereinbarkeiten. PD-Rat Sandro Repetto hatte selbst nachgefragt, ob er als Mit-Eigentümer der Virgl-Gesellschaft mitstimmen dürfe. Die Antwort des Generalsekretärs: Zweifellos, allein Mehrheitseigner von Gesellschaften, die vom Beschluss betroffen sind, dürfen nicht mitstimmen.
Und es gab eine geheime Abstimmung: Es wird sich letztlich nie klären lassen, von wem die drei Enthaltungen kamen. Allein Luigi Schiatti (Liste Benussi) hatte angekündigt, sich zu enthalten.
Wenn man das Urteil des Staatsrats weiträumig auslegt, könnte es aber sehr wohl auf den Bozner Fall übertragen werden. Ein potentieller Aufhänger für einen etwaigen Rekurs von René Benkos KHB GmbH.
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