Bunter Sieg
Nun hat sich auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur rechtlichen Lage der Homosexuellen in Italien geäußert. Das Urteil ist ein kleiner Sieg am Ende des Regenbogens – und könnte den Staat eine Stange Geld kosten.
Von Anton Rainer
Ausgerechnet ein Südtiroler brachte schlussendlich den Ball ins Rollen. Enrico Oliari, langjähriger Meraner Gemeinderat und Präsident der Mitte-Rechts-Homosexuellenvereinigung „Gaylib“ sorgte 2009 mit einem Rekurs für Aufsehen. Damals hatte Alessandro Andreatta, Bürgermeister von Trient, mehreren gleichgeschlechtlichen Paaren die Eintragung verweigert. Heute, sechs Jahre später, trägt Oliari bereits seinen zweiten Sieg nach Hause. Nachdem der Verfassungsgerichtshof schon 2010 die mangelnde Berücksichtigung schwuler und lesbischer Lebenspartnerschaften rügte, folgt nun das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Die italienische Gesetzgebung erfülle nicht die Rechte eines in einer stabilen Beziehung lebenden Paares, so der EGMR in seiner Urteilsbegründung. Die Forderung: Eine Legalisierung von hetero- und homosexuellen Lebenspartnerschaften.
Für Oliari und die Mitte-Links-Mitstreiter der Organisation „Arcigay“ ein voller Erfolg – der nun auch finanzielle Konsequenzen für den Staat hat.
Rund 10.000 Euro an Ausgleichszahlungen werden pro rekurrierendem Paar fällig – sollte Matteo Renzi die Gleichstellung nicht, wie versprochen, innerhalb des laufenden Jahres durch das Parlament bringen, droht dem italienischen Staat eine wahre Rekurswelle.
Zwar handelt es sich bei dem Urteil nur um eine „Einladung“ zur Gesetzesänderung – doch die möglicherweise empfindlichen Folgen für den Staatshaushalt legen selbst manch konservativem Parlamentarier ein Umdenken nahe.
Dennoch hält man sich bei der Südtiroler Schwul-lesbischen Initiative Centaurus mit Freudentänzen zurück: „Wir warten seit acht Jahren auf eine Lösung“, weiß etwa Präsident Andreas Unterkircher, „jede Regierung hat ein Gesetz versprochen – es stand in allen Regierungsprogrammen.“ Tatsächlich verabschiedet wurde aber bis heute – überhaupt nichts. Auch die nach der gleichnamigen Parlamentarierin benannte Legge Cirinná, geht den meisten Organisationen nicht weit genug. „Unser Ziel ist die volle Gleichberechtigung“, meint Unterkircher, „dieses Gesetz ist eine vorübergehende Lösung.“ Der Tenor ist eindeutig: „Ich traue mich nicht mehr optimistisch zu sein.“
LESEN SIE IN DER PRINTAUSGABE DER TAGESZEITUNG: DAS INTERVIEW MIT REKURSGEWINNER ENRICO OLIARI.
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