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„Menschenunwürdig“

„Menschenunwürdig“

Der Caritas-Direktor Franz Kripp übt harsche Kritik an der Diskussion um ein allgemeines Bettelverbot: „Betteln ist ein Menschenrecht.“

Tageszeitung: Herr Kripp, in vielen Gemeinden wurde und wird ein Bettelverbot erlassen. Die Caritas wehr sich dagegen…

Franz Kripp: Es gibt immer wieder Gemeinden, die ein Bettelverbot diskutieren und verabschieden. Jetzt ist wieder bei mehreren Gemeinden aktuell, weil von einigen öffentlichen Exponenten des öffentlichen Lebens die Diskussion eingebracht, daher haben als Caritas unsere Meinung noch einmal geäußert.

Die wäre?

Jemanden um Almosen zu bitten, ist ein Menschenrecht. Nur weil die Bettler nicht in unser Stadtbild passen, dürfen wir sie nicht unmenschlich behandeln und ihnen das Betteln verbieten. Betteln ist grundsätzlich erlaubt. Wenn man den Aspekt betrachtet, der immer wieder ins Feld geführt wird, dass es sich um organisierte Kriminalität handelt, dann wäre die Polizei sicher schon längst eingeschritten. Nur weil etwas organisiert ist, kann man nicht sagen, dass es schlecht und kriminell ist.

Sie finden die Verordnung der Gemeinde St. Lorenzen besonders menschenverachtend…

Der Bürgermeister schickt in verschiedenen Formulierungen voraus, dass sich Bettler abstoßend und unverschämt verhalten, dass sie Verstümmelungen zur Schau stellen, den Gästen und Einheimischen dadurch unangenehm sind und realitätsfremdes Bild der sozialen Initiativen vermitteln. Man versucht hier sehr komische Formulierungen zu finden, um einen Aufhänger zu haben, per Gesetz einzuschreiten. Ein generelles Bettelverbot ist laut Gesetz auch nicht zulässig.

Das heißt?

Ein generelles, flächendeckendes Bettelverbot innerhalb einer Gemeinde ist laut Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2009 nicht möglich. Es wiederspricht der Verfassung, weil Betteln ein Menschenrecht ist und daher im Sinne der individuellen Freiheit geschützt ist.

Werden Bettler in Südtirol unmenschlich behandelt?

Ich merke, dass es eine große Diskrepanz gibt zwischen jenen Personen, die lauthals nach einem Bettelverbot rufen und dem Verhalten der Bevölkerung. Auf der Straße sieht man eine große Offenheit der Menschen gegenüber diesem Phänomen – das bedeutet aber nicht, dass jeder etwas gegen muss.

Viele Menschen fühlen sich von Bettlern belästigt…

Das ist klar, aber wir können nicht alles abschaffen, wodurch wir uns belästigt fühlen. Ich denke, dass wir lernen müssen, mit bestimmten Belästigungen zu leben und damit umzugehen.

Wer sind diese Menschen, die sich auf die Straße setzten und um Almosen bitten? Flüchtlinge?

Das sind ganz verschiedene Menschen, die aus den verschiedensten Gründen zu uns gekommen sind. Es könnten sicher auch Flüchtlinge sein – ich habe die einzelnen Schicksale nicht recherchiert.

Ist die Zahl der Bettler in den letzten Jahren angestiegen?

Wir führen keine statistischen Daten zu diesem Phänomen, aber ich glaube dass dieses Phänomen in den letzten Jahren konstant geblieben ist. Ich glaube nicht, dass es in den letzten fünf Jahren viel mehr Bettler geworden sind.

 

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