Blinder Passagier
Die Landesregierung legt bei der Gesetzgebung erstaunliche Kreativität an den Tag. Wie Arno Kompatscher in das neue Kulturgesetz einen Artikel „verpackt“ hat, der mit Kultur so viel zu tun hat, wie die Seegurke mit dem Eistanz.
von Matthias Kofler
Dass Kultur ein sehr weitreichender Begriff ist, beweist die Landesregierung mit ihrem neuen Kulturgesetz. Dorthin hat sich nämlich ein Artikel zur Auftragsvergabe verirrt, der so viel mit Kultur zu tun hat, wie die Seegurke mit dem Eistanz.
Doch der Reihe nach.
Der Südtiroler Landtag hat am Donnerstag das neue Kulturgesetz, vorgelegt von den Landesräten Philipp Achammer, Christian Tommasini und Florian Mussner, verabschiedet. Dieses soll das bislang geltende Gesetz von 1958 aktualisieren und bestehende Rechtsgrundlagen in einem Text zusammenfassen.
Für gehörigen Gesprächsstoff sorgte in der Debatte der Artikel 10bis des Kulturgesetzes. Der Artikel wurde auf Antrag von Landeshauptmann Arno Kompatscher ins Gesetz verpackt und regelt die Ausschreibungsmodalitäten der Gemeinden. Letztere sollen befähigt werden, im Fall von Aufträgen unter 40.000 Euro selbst zu entscheiden, ob der telematische Weg verpflichtend eingegangen werden muss.
Ein Anliegen, das von der Opposition durchaus geteilt werden kann.
Nur: „Mit dem Kulturgesetz hat dieser Artikel nicht ansatzweise zu tun“, kritisiert Brigitte Foppa von den Grünen. Die Vorgangsweise, welche die Landesregierung bei der Verankerung des Artikels an den Tag gelegt habe, schreibe die alte Praxis fort, Gesetze mit materienfremden Passagen zu durchsetzen. Die Grüne ist überzeugt: Auch Landesrat Achammer hat mit diesem Artikel keine Freude.“
„Wir wissen, dass dieser Artikel nicht hierhergehört – aber wir müssen die lokalen Kreisläufe unterstützen und können damit nicht bis Herbst warten“, verteidigt sich SVP-Fraktionschef Dieter Steger. Er hoffe deshalb auf „das Verständnis vonseiten der Kollegen“.
Sein Stellvertreter Oswald Schiefer ergänzt: „Der Artikel ist themenfremd, aber dringend notwendig, weil sonst ab September die Bestimmungen des Staatsgesetzes zum Tragen gekommen wären.“ Und der SVP-Abgeordnete Christian Tschurtschenthaler meint: „Ich bin froh, dass der Artikel 10bis eingefügt wurde.“ Der Artikel sei zwar wesensfremd, aber für die Gemeinden eine wichtige Erleichterung.
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