Das Millionenspiel
Im Streit zwischen Brennercom und Landesverwaltung geht es um mehr als um verletzte Egos und 85 Glasfaser-Kilometer. Am Ende kämpft man wie so oft – um ziemlich viel Geld.
Von Anton Rainer
„Das Unternehmen will verkaufen, das Land will kaufen – warum kann man sich da nicht einfach zusammensetzen?“ – Nicht wenige Abgeordnete drückten gestern ihr Unverständnis über den Konflikt Brennercom/Land (bzw. Kompatscher/Ebner) im Landtag vor. Der Tenor: „Jetzt vertragt euch doch, ihr wollt doch eh dasselbe!“
In der Tat herrschte zwischen Brennercom-Führung und Landesverwaltung in den letzten Wochen scheinbar erstaunlich große Einigkeit. Wann immer LH Kompatscher von der „institutionellen Bedeutung des Glasfasernetzes“ sprach – konterte die Brennercom-Mannschaft mit einem frech vorgebrachten Verkaufsangebot: „Hier sind die Netze, hier ist das Geld – und jetzt kauft bitte ab.“
Der Trugschluss liegt auf der Hand: Selbst, wenn man sich über das Kaufobjekt einig wäre (ist man nicht) und detaillierte Informationen über die verfügbare Infrastruktur beim Land lägen (tun sie nicht) – bliebe noch immer das Wie. Unter welchen Konditionen und zu welchem Preis könnten etwaige Positionen der Firma verkauft werden.
Die Entscheidung darüber „trifft natürlich der Verwaltungsrat“, meint Karl Manfredi im Gespräch mit der TAGESZEITUNG, sie liege „allein beim privaten Unternehmen.“ Es ist eine Schlussfolgerung, die schwerwiegende Folgen nach sich zieht. Vor allem stehen an ihrem Ende zwei Szenarien.
Szenario 1: Athesia übernimmt nach der erfolgreichen Löschung der Landesbeteiligung als Mehrheitseigentümer das Unternehmen Brennercom. Weil das Land (als ehemaliger Teilhaber) weder in der Aktionärsversammlung noch im Verwaltungsrat vertreten sein darf, entscheidet ein von privaten Eigentümern und Athesia-Chef Michl Ebner dominierter Rat über den Verkauf der Infrastruktur – vermutlich 85 km Leitungen im Wert von etwa 15 Millionen Euro, so zumindest hat man es in den vergangenen Wochen kommuniziert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
„Dass es dabei nur um lächerliche Peanuts gehe, ist eine Schutzbehauptung“, sagte der Grünen-Abgeordnete Hans Heiss dazu in der Generaldebatte, „ohne das nötige Know-How hat das Land von den Leitungen nichts.“
Das aber bliebe vermutlich in der Firma. Doch damit nicht genug: Der Verwaltungsrat könnte auch über den Preis der Leitungen mitentscheiden. „Natürlich wäre das möglich“, sagt Brennercom-Direktor Karl Manfredi, „wenn man der Chef ist, kann man viel bestimmen.“ Heute erklären die Eigentümer, man würde sich bei dem Verkaufspreis vermutlich an den Buchwert der Infrastrukturen halten, „plus kleinere Aufschläge wegen der Instandhaltung, Projektierung und so weiter.“
Genauere Informationen vor dem Kauf dürfte sich das Land aber vermutlich nicht erwarten – bereits in der Vergangenheit hielt das Unternehmen mit Hinweis auf das Zivilgesetzbuch und die Verschwiegenheitspflicht der Verwaltungsräte Informationen über die genauen Vermögenswerte der Brennercom zurück.
Wofür das Land nun kämpft, ist Szenario 2: Die anhängige Zivilklage, die das Land mit der Brennercom-Führung vor Gericht austrägt, verläuft darin erfolgreich – Jahre nach ihrem (damit ungesetzlichen) Ausschluss steigt die Provinz Bozen erneut zum Großaktionär der Brennercom auf. Will man nun die vor kurzem angekündigten Pläne tatsächlich umsetzen, steht die Maßnahme unter besseren Sternen.
Die Jahreshauptversammlung würde – dank Mehrheit der öffentlichen Hand und durch Gründung der im Landtag beschlossenen Newco und deren verordneten „Fraktionszwang“ – die Absetzung des rebellischen Verwaltungsrats erwirken. Das Ergebnis: Vertrauensleute in Top-Positionen leiten den Verkauf der für das Land interessanten Infrastrukturen ein. Das Land verkauft damit de facto an sich selbst – zu deutlich besseren Konditionen, als Michl Ebner dies getan hätte.
Eigentümer wäre fortan das (noch nicht gegründete) fusionierte Unternehmen aus SEL/Etschwerken. Das hat zwar noch keinen Namen, aber bereits eine vorab angekündigte Tochterfirma namens „ST Fibernet.“ Die wiederum könnte das, nun öffentlich verwaltete „Know-How“ der Brennercom für den Ausbau des „Südtirolnetzes“ nutzen. Inklusive öffentlicher Beiträge des Staates in Millionenhöhe.
Die Brennercom, oder das was schlussendlich von ihr übrig bleibt, wäre am Ende bestenfalls nichts weiter als ein einfacher Provider – und die insgesamt mehr als 52 Prozent Restbeteiligung der Provinz könnten lukrativ zu Geld gemacht werden.
Für das Land ein millionenschwerer Gewinn – und Michl Ebner würde ausgerechnet von einem seiner gewinnträchtigsten Unternehmen nur mehr den „Restwert“ bekommen.
Die Position des Landeshauptmanns ist indes klar: Das Verscherbeln von Landeseigentum muss ein Ende haben – ein Deal wie der Verkauf der Therme Meran soll unter Arno Kompatscher nicht mehr passieren.
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