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„Faust aufs Auge“

Im österreichischen Nationalrat liegt ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP auf: Gibt unser Vaterland damit seine Schutzmachtfunktion auf?

von Matthias Kofler

Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit

Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit

Eine Pressemitteilung und ihre Folgen.

Am Mittwoch versandte der Außenpolitische Ausschuss des österreichischen Parlaments eine Aussendung mit dem vielversprechenden Titel „Selbstbestimmungsrecht Südtirols soll unterstützt und weiterentwickelt werden“.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Abgeordnete Sven Knoll – ebenfalls mittels Pressemitteilung – auf die Aussendung des Ausschusses reagierte. Darin zeigte sich der Politiker der Süd-Tiroler Freiheit „erfreut über das klare Bekenntnis zur Selbstbestimmung Südtirols“. „Der Beschluss, dass das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol nicht nur unterstützt, sondern sogar weiterentwickelt werden soll, ist ein wichtiges Signal an Südtirol: Selbstbestimmung ist möglich”, schrieb Knoll in seiner Aussendung.

Den Kennern des Südtiroler Politbetriebs war schnell klar, was gleich folgen würde: nämlich eine Replik der SVP-Vertreter. Und diese trudelte auch ein, und zwar in Form einer Aussendung von SVP-Obmann Philipp Achammer. Darin tadelte Achammer den Abgeordneten Knoll und stellte klar, dass „Selbstbestimmung nicht gleich Sezession ist, auch wenn das manchen Oppositionsparteien in unserem Land nicht klar zu sein scheint“.

Die Verwirrung war perfekt.

Philipp Achammer

Philipp Achammer

Doch was trug sich in der Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses am Dienstag wirklich zu?

Der FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer legte den Mitgliedern einen Beschlussantrag vor. Darin wird dem österreichischen Außenminister Sebastian Kurz künftig untersagt, die Selbstbestimmung als „Grundlage des Autonomiestatuts“ zu bezeichnen.

Neubauer beruft sich dabei auf den Außen- und Europapolitischen Bericht von 2014. Aus diesem sei klar ersichtlich, welche Richtung die österreichische Bundesregierung zur Autonomie und zum Selbstbestimmungsrecht Südtirols einschlagen wolle.

Der Außen- und Europapolitischen Bericht hält fest, „dass für Österreich kein Zweifel bestehe, dass die Südtirol-Autonomie völkerrechtlich auch auf dem Selbstbestimmungsrecht beruht, das als fortbestehendes Recht von Südtirol in Form weitgehender Autonomie ausgeübt werde“.

Werner Neubauer hält dagegen: Selbstbestimmung dürfe nicht mit Autonomie gleichgesetzt werden. „Jedes Volk hat das Recht, frei über seine Zukunft abzustimmen“, sagt der FPÖ-Politiker, „den Südtirolern wurde bislang aber nie die Möglichkeit gewehrt, über Sezession oder Autonomie abzustimmen.“

Werner Neubauer

Werner Neubauer

Mit dieser Argumentation konnte der Oppositionsvertreter die Mehrheit im Ausschuss aber nicht überzeugen. Anstelle seines Antrags wurde ein Entschließungsantrag von SPÖ, ÖVP und NEOS verabschiedet und ans Plenum weitergeleitet, mit dem Österreich „seine Politik zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Autonomie Südtirols im Sinne der im Pariser Vertrag von 1946 verankerten Schutzfunktion für Südtirol und der Grundprinzipien des Selbstbestimmungsrechts gemäß Art. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte auszurichten“ habe.
Dieser Antrag soll demnächst im Plenum behandelt werden.

Werner Neubauer schwant schon jetzt Übles. Der FPÖ-Politiker sagt: Wenn der Text in dieser Form verabschiedet wird, gibt Österreich praktisch seine Schutzmachtfunktion auf. „Der Nationalrat erklärt in diesem Entschließungsantrag, dass Südtirol sein Ziel – nämlich die Autonomie – schon erreicht hat. Für die Südtiroler ist das wie die Faust aufs Auge. Denn wie kann Österreich so künftig noch seine Schutzmachtfunktion rechtfertigen?“

Was Neubauer zudem sauer aufstößt: Erst kürzlich hatte ihm der SPÖ-Südtirolsprecher Josef Cap in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt, dass sich Österreich an der Weiterentwicklung des Autonomiestatuts nicht beteiligen könne, weil dies ausschließliche Kompetenz des Südtiroler Landtags, des Regionalrats und der Republik Italien sei. „Jetzt beschließt der Nationalrat das genaue Gegenteil“, wundert sich Neubauer.

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