Die Kopftuch-Debatte
Der Südtiroler Landtag hat sich am Mittwoch mit dem Kopftuch befasst. Allerdings nicht mit dem Sarner Kopftuch, wie der Freiheitliche Guggi Stocker klarstellte.
Die Freiheitlichen forderten mit einem Begehrensantrag an das Parlament ein Kopftuchverbot für Angestellte im öffentlichen Dienst. Oft würden auch Lehrkräfte ein Kopftuch tragen, erklärte Sigmar Stocker, und dies sei hierzulande problematisch. Das Kopftuch – und dabei meine er nicht etwa das Sarner Kopftuch – sei nicht Vorschrift des Islam, sondern Ausdruck des Islamismus und der Unterdrückung von Frauen. Eine Lehrerin mit Kopftuch stelle auch die Neutralität der Schule in Frage.
In Italien gebe es ein Verhüllungsverbot an öffentlichen Plätzen, stellte Brigitte Foppa (Grüne) fest. Damit seien Burka oder Niqab in Italien sowieso verboten. Ein allgemeines Kopftuchverbot würde dem Verfassungsprinzip der Religionsfreiheit widersprechen. Das Kopftuch sei vom Koran nicht ausdrücklich vorgeschrieben, aber es sei Ausdruck der Religion. Es sei übrigens auffallend, dass dieselben Männer, die sich für die Rechte der islamischen Frauen einsetzten, auch immer gegen Maßnahmen zur Chancengleichheit stimmten. Das Kopftuch sei in vielen Kulturen daheim, in Italien ebenso wie in Südtirol, werde aber auch von Krebspatientinnen getragen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) plädierte für den Antrag, aber auch für eine Differenzierung. Es gebe schließlich auch Nonnen, die Religion unterrichteten. Das Gesetz sei übrigens widersprüchlich, wenn es die Freiheit der Religion garantiere und gleichzeitig verbiete, aus religiösen Gründen einen Burka zu tragen. Man müsse sich überlegen, ob es dem Zusammenleben und der Integration abträglich sei, wenn man Einwanderern dieselben Bedingungen wie in ihrer Heimat biete.
Der Ansatz des Antrags sei richtig, meinte Andreas Pöder (BürgerUnion). Das Kopftuch stehe auch für ein veraltetes Islam-Bild, auch muslimische Intellektuelle sähen darin eine Erniedrigung. Der zaghafte Kampf um die Befreiung der Frau in den islamischen Ländern werde mit Regelungen zugunsten des Kopftuchs zunichte gemacht. Er verstehe nicht, warum die Grünen, die stets für die Grundrechte einträten, nun an der Diskriminierung der islamischen Frau festhalten wollten. Das Kopftuch sei keine Vorschrift des Koran, es sei ein Symbol der Unterdrückung, ein Symbol des Eigentums an der Frau.
Er sei für die Freiheit des Individuums auf jeder Ebene, erklärte Alessandro Urzì (Alto Adige nel cuore). Das schließe auch die Wahl der Kleidung mit ein. Man könne das Kopftuch nicht rundum als Unterdrückungssymbol bezeichnen, auch Nonnen würden es tragen, auch viele Sarnerinnen und viele Frauen in Süditalien. Die Bedeckung des Gesichts sei hingegen aus guten Gründen verboten.
Das Thema werde vielfach hochgeschaukelt, meinte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP). Für Menschen fern der Heimat schaffe die Tracht ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie selbst trage in ihrem Heimatdorf auch oft Tracht, ohne damit andere stören zu wollen. Sie sei gegen den Schleier als politisches Instrument, aber die Kleidung als Ausdruck der politischen Einstellung sei weit verbreitet. Auf jeden Fall gebe es dringendere Probleme.
Die weitere Behandlung des Antrags wurde auf die zweite Juli-Sitzung vertagt, da Landeshauptmann Arno Kompatscher, der zum Thema Stellung nehmen wollte, bei der Sitzung am Donnerstag nicht dabei sein kann.
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