Der Urlaubs-Nepp
Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Bozen bearbeitet jährlich über 4000 Anfragen von Verbrauchern aus ganz Italien und aus den anderen EU-Staaten sowie Island und Norwegen. Der Großteil dieser Anfragen betrifft den Reise- und Urlaubssektor. Von den häufigsten Beschwerden und Problemen haben heute die Beraterinnen des EVZ Bozen im Rahmen einer Pressekonferenz erzählt.
Bei jenen Fragen, mit denen die Beraterinnen am häufigsten konfrontiert werden, stellt sich oft heraus, dass viele Unannehmlichkeiten und Probleme vermieden werden könnten: Oft wäre ein Klick weniger oder eine Reiseversicherung mehr ausreichend. „Aber lediglich informierte Verbraucher lassen ihre Rechte nicht zu Hause”, erklärt Walther Andreaus, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale (VZS), Trägerorganisation des EVZ. „Die Rechte der Reisenden gehen, auch dank der Europäischen Union, niemals in Urlaub. Und dennoch braucht es aber die richtigen Informationen und eine konkrete Hilfe zur Durchsetzung der Rechte, wie sie etwa von Institutionen zum Schutz der Verbraucher bereitgestellt wird.”
Häufig sind sich Verbraucher nicht darüber im Klaren, dass Reisebüros und Online-Buchungsportale lediglich als Vermittler tätig sind und bei eventuellen Problemen nur sehr beschränkt haften. “So hat letztens ein Verbraucher gefordert, das Reisebüro solle ihm das Flugticket rückerstatten, das aufgrund des Konkurses des Flugunternehmens nicht genutzt werden konnte. Aber so läuft es sicherlich nicht, es sei denn, das Reisebüro hat noch Flugtickets verkauft, nachdem der Konkurs des Flugunternehmens bereits bekannt war”, erklärt Monika Nardo, Leiterin des EVZ. In vielen Fällen wissen die Verbraucher nicht einmal so genau, was sie gebucht haben: eine Pauschalreise, also ein Reisepaket, oder aber einzelne Leistungen? “Diese Informationen sind sehr wichtig, da sowohl die Rechte und Pflichten der Verbraucher als auch der Empfänger etwaiger Reklamationen davon abhängen”, fährt Monika Nardo fort.
Und eben diese bereits angesprochenen Buchungsportale werden sehr häufig für Buchungen im Flug- und Reisesektor in Anspruch genommen. Es lässt sich jedoch nicht – wie meist vermutet – eine Regel fest machen, dass die Angebote solcher Plattformen automatisch günstiger sind als jene auf den Seiten der Fluglinien und Veranstalter. “Hier raten wir dringend, vorab einen Preisvergleich durchzuführen. Zudem kommt es immer öfter zu ungerechtfertigten Abzügen bei z.B. Rückerstattungsforderungen im Flugverkehr, da die Buchungsportale teils sehr hohe Bearbeitungskosten verrechnen”, klärt Julia Rufinatscha, Beraterin des EVZ Bozen, auf.
“Ein weiterer Irrglaube, dem ein sehr großer Teil der Verbraucher unterliegt, ist die Überzeugung, man könne von einem Reisevertrag kostenlos oder zumindest durch lediglichen Verlust der Anzahlung bequem zurücktreten, wenn “halt” etwas dazwischen kommt oder man ein besseres Schnäppchen ergattern konnte”, weiß die Beraterin des EVZ aus Erfahrung zu berichten. Zum einen sind Dienstleistungen im Beherbergungs- und Freizeitbereich, wie z.B. Reisen, vom 14-tägigen Rücktrittsrecht ausdrücklich ausgenommen, wenn für die Erbringung ein spezifischer Termin oder Zeitraum vorgesehen ist, zum anderen fallen bei Stornierungen, die kurzfristig erfolgen, oft hohe Stornogebühren an.
Seit Jahren beschäftigt sich das EVZ Bozen nunmehr mit Preisdiskriminierungen aufgrund der Staatsbürgerschaft oder des Wohnsitzes der Verbraucher. “Eine Verbraucherin aus Südtirol hat versucht, über ein deutsches Online-Portal einen Aufenthalt in einem Hotel in Forte dei Marmi zu buchen. Die Buchung wurde jedoch abgelehnt: Die Preise – die sich im Vergleich zu den Direktangeboten des Hotels als günstiger erwiesen – würden lediglich für deutsche und österreichische Staatsbüger gelten, bekam die Verbraucherin zur Antwort”, erzählt Monika Nardo, die sich mit diesem Fall beschäftigt. Aber es gibt eine wunderbare Neuigkeit: Die Aufsichtbehörde für Wettbewerb und Markt (Antitrust) ist zur zuständigen Behörde im Bereich der Dienstleistungsrichtlinie ernannt worden. “Vor gerade einmal drei Tagen habe ich in Rom an einem Treffen mit den Führungskräften der Behörde teilgenommen, um über die konkrete Handhabung der Fälle zu diskutieren”, fährt die Expertin fort.
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