Verlorener Prozess
Das Bozner Verwaltungsgericht bestätigt die von der Gemeinde Marling verhängte Vorverlegung der Sperrstunde für die Cocktailbar Gravenstein. Begründung: Der Lärmschutz sei wichtiger als wirtschaftliche Interessen.
Von Thomas Vikoler
Evi Ganterer war zornig über die Vorhaltung vom 21. November 2014 und noch zorniger über die Verordnung des Marlinger Bürgermeisters Walter Mairhofer am darauffolgenden Heiligen Abend.
Die Wirtin der gut besuchten Cocktailbar Gravenstein an der Gampenpass-Straße kündigte einen Rekurs gegen die Maßnahme und eine Schadenersatzklage gegen die Gemeinde an.
Der Bürgermeister hatte der Bar-Betreiberin am 24. Dezember verordnet, ihr Lokal bereits ab 22.00 Uhr anstatt zur üblichen Sperrstunde um 1.00 Uhr zu schließen. Vom Abend- zum Nachmittagslokal gewissermaßen. Immerhin erwirkte Ganterer über ihre Anwälte Lorenz Michael Baur und Vincenzo Morello beim Verwaltungsgericht eine Aussetzung der vorverlegten Sperrstunde und setzte lärmbeschränkende Maßnahmen. Der Betrieb in der Cocktailbar ging wie gewohnt weiter.
Doch nun kommt es dick für die Wirtin: Das Verwaltungsgericht hat nun die Verordnung des Marlinger Bürgermeisters bestätigt. Die (zeitlich unbegrenzte) Vorverlegung der Sperrstunde ist rechtlich also in Ordnung – was nicht heißt, dass sie umgehend angewandt werden muss. Es besteht die Möglichkeit, gegen das Urteil des Bozner Verwaltungsgerichts Berufung einzulegen und beim Staatsrat eine Aussetzung der Zwangsmaßnahme zu beantragen.
Allerdings: Die Urteilsbegründung (Verfasserin: Edith Engl) ist mehr als eindeutig. Die Anwälte der Wirtin haben versucht, die Verordnung mit dem Hinweis auszuhebeln, der Bürgermeister habe ihre Mandantin in seiner Vorhaltung vom 21. November 2014 nicht über ihre rechtlichen Einspruchsmöglichkeiten belehrt.
Das Gericht bezeichnet dies zwar als formale „Unregelmäßigkeit“, erinnert aber daran, dass sich Ganterer dazu selbst ein juristisches Ei gelegt hat. Auf die formale Einleitung des Verwaltungsverfahrens durch die Gemeinde mit der Ankündigung einer Vorverlegung der Sperrstunde reagierte sie mit einer Aufsichtsbeschwerde bei der Landesregierung. „Daraus kann abgeleitet werden, dass sie Kenntnis über ein eingeleitetes Verwaltungsverfahren hatte“, schreiben die Richter.
Inhaltlich halten sie die Verordnung des Bürgermeisters „aus Gründen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ für rechtens. Der Gastbetrieb befinde sich in einer Wohnbauzone und sei von Mehrfamilienhäusern umgeben. Das angrenzende Kondominium Gravenstein hat sich, ebenso wie die Gemeinde Marling, in das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht eingelassen.
Die weiteren Begründungen:
Wiederholte Beanstandungen und Proteste der Anrainer in den drei Jahren zuvor, Vandalenakte, Sachbeschädigungen, versperrte Einfahrten, Abfälle in der benachbarten Bushaltestelle, laute Musik.
Zitiert wird in dem Urteil auch die Schlägerei vom 30. Oktober 2014, bei der es einen Schwerverletzten gab. Weitere Schlägereien wurden laut Carabinieri am 19. Juli und am 4. November 2014 verzeichnet.
* LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE:
* Wie das Gericht das Recht auf Lärmschutz über die wirtschaftlichen Interessen der Wirtin gestellt hat
* Und: Wie viel die Wirtin an Prozesskosten berappen muss.
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