Das dreißigste Jahr
Die Meraner Musikwochen feiern ihren 30. Geburtstag mit Spitzenorchestern aus Europa, Asien und Amerika. Die chinesische Nationaloper führt Beethovens Neunte auf. Mit 180 Musikern und Sängern auf der Bühne. Haben die überhaupt Platz?
Von Heinrich Schwazer
180 Musiker und Sänger auf der Bühne des Meraner Kurhauses: Haben die überhaupt Platz? Kein Problem, gaben die Chinesen dem Intendanten der Meraner Musikwochen Andreas Capello zur Antwort: „Wir sind klein.“ Ein Milliardenvolk hat eben ganz andere Platzsorgen.
Wie wird Schillers Ode an die Freude aus den chinesischen Mündern klingen? Die Antwort darauf wird das Eröffnungskonzert der 30. Meraner Musikwochen am 25. August mit dem Orchester und Chor der chinesischen Nationaloper von Peking geben. Auf dem Programm stehen Beethovens 9. Sinfonie und eine Bearbeitung der berühmten Chorkantate „Der gelbe Fluss“ des chinesischen Komponisten Xian Xinghai. Interpretiert wird diese von der 21jährigen Pianistin Mélodie Zhao, deren Einspielungen von Beethovens Klaviersonaten bereits Referenzcharakter haben. Ein chinesisch-europäischer Abend zum Auftakt des dreißigsten Jahres der Meraner Musikwochen – das hat Symbolcharakter.
Genauso wie die Gründung des Klassik-Festivals vor 30 Jahren zum Anlass von 150 Jahren Kurstadt Meran. Für Cappello, der von Präsident Hermann Schnitzer damals als blutjunger Musikstudent geholt wurde („Ich habe es nie bereut“) sind die Musikwochen ein sich stetig „erneuernder Kurstadtgedanke“, was nicht nostalgisch gemeint ist: „Meran lebt nicht nur von Nostalgie, auch wenn uns das zusteht. Musik ist Lebensqualität und sie ist sinnstiftend.“
Der Erfolg der Meraner Musikwochen in einem Land, das von hochklassigen Musikfestivals nur so überquillt, kann eigentlich nur in Superlativen beschrieben werden. 414 Konzerte fanden in den vergangen 30 Jahren statt, 248.000 Besucher, im Schnitt 600, kamen zu den Konzerten, 330 fixe Abonnenten vertrauen dem Festival blind. Da kann sich der Intendant auch mal Leggerezza gestatten und das Programm erst im November erstellen: „Ich dachte schon daran, die Jubiläumsausgabe einfach zu überspringen.“
Neun symphonische Konzerte finden im Kurhaus statt, 6 Klangkörper sind erstmals in Meran zu hören. Freuen darf man sich auf die Jugendorchester Orquesta Juvenil Universitaria Eduardo Mata aus Mexiko City und das China Youth Philharmonic Orchestra. Erstmals zur Gast sind auch das Orchestra Filarmonica der Mailänder Scala unter Daniel Harding und das Mariinsky Orchester aus St. Petersburg unter Valery Gergiev. Das Tonhalle-Orchester Zürich unter seinem Musikdirektor und Chefdirigenten Lionel Bringuier bringt die weltbekannte Solistin Janine Jansen mit, , die bereits vier Mal mit dem Deutschen Musikpreis ECHO ausgezeichnet wurde. Am 1. September gastieren in Meran die Wiener Symphoniker unter der Leitung des Musikdirektors der Opéra National de Paris Philippe Jordan mit Beethovens 7. Sinfonie.
Das Konzert der Academy of St. Martin in the Fields (15.09, Solist Daniel Hope – Violine) verweist auf die ersten Jahre des Festivals, als der Gründer dieses Klangkörpers, Sir Neville Marriner, in Meran an der Programmgestaltung beteiligt war und die Academy – fast schon als Orchester in Residence – zu den „Stammgästen“ des Festivals gehörte.
Am 22. September sorgt das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia aus Rom unter Juraj Valcuha für einen krönenden Abschluss der 30. Meraner Musikwochen. Dabei wird die junge französische Pianistin Lise de la Salle Beethovens 3. Klavierkonzert spielen.
Dazu kommt zeitgenössische Musik aus Südtirol. Am 31. August ist auf Schloss Juval eine „Südtiroler“ Produktion zu hören: Der Komponist Dietrich Oberdörfer stellt sein Projekt „Unio mystica II“ vor, das westliche Sakralmusik, psychedelische Gitarrensounds und Shinto- und Zen-Mystik kombiniert. „Unio mystica II“ wird in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Künstlerbund und dem Meraner Musikwochenverein auch als CD produziert.
Die Kammermusikreihe matinée classique im Pavillon des Fleurs umfasst drei Konzerte mit Sabina von Walther (Sopran), dem Gitarrenquartett Los Romeros und dem Duo Daniel Hope und Sebastian Knauer. In der A-cappella-Reihe vox humana kommt mit The Real Group aus Stockholm (27.08) ein Spitzenensemble in den Rittersaal auf Schloss Tirol. Es folgen das Vokalquartett Niniwe (03.09, Schloss Schenna) und der Hover State Chamber Choir aus Armenien (18.09, Pfarrkirche Niederlana). Die Cross-Over-Reihe colours of music widmet einen Abend Frank Sinatra und das Nachtkonzert auf dem Thermenplatz wird der exzentrische Organist Cameron Carpenter bestreiten.
Das komplette Programm finden Sie unter www.meranofestival.com
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.