Opposition wider Willen
Die Bürgerlisten vertreten ein völlig neues Demokratieverständnis: Das alte Spiel von Opposition und Mehrheit gebe es nicht mehr. Die Bürgerlistler wollen in den Gemeinden mitregieren – und manche reagieren beleidigt, wenn die SVP sie nicht mitspielen lässt.
Von Matthias Kofler
Heidi Peer schüttelt den Kopf: „Im Ausschuss ist alles beim Alten geblieben – von der vom Bürgermeister groß angekündigten Erneuerung keine Spur.“
Heidi Peers Bürgerliste ist in Kurtatsch zum ersten Mal zu den Wahlen angetreten – und hat auf Anhieb drei Sitze im Gemeinderat ergattert. Trotz dieses Achtungserfolges hat kein Bürgerlistler im Ausschuss Platz gefunden.
Für die Neo-Politikerin eine Fehlentscheidung: „Der Wähler will, dass wir Verantwortung übernehmen – und der Bürgermeister selbst hat gesagt, dass der Wähler immer recht hat. Proportional steht uns mit diesem Ergebnis ein Sitz im Gemeindeausschuss zu.“
Ob in Jenesien, Ratschings, Wiesen oder Pfitsch – das Bild ist überall dasselbe: Die Bürgerlisten drängen sich in den Vordergrund und möchten Regierungsverantwortung übernehmen, doch die SVP lässt sie nicht. In Terenten hat der Bürgerlistler Karl Engl schon die Konsequenzen aus seiner Nichtberücksichtigung gezogen: Er ist aus dem Bildungsausschuss zurückgetreten.
Auch in Terlan zeigen sich die Bürgerlistler enttäuscht vom Verhalten des Bürgermeisters: Die Bildung des neuen Ausschusses sei eine Farce, der Wählerwille werde mit Füßen getreten, kritisiert die Bürgerliste.
Die SVP brauchte wegen der Quote eine Frau im neuen Ausschuss. Doch statt eine der weiblichen Bürgerlisten-Räte ins Boot zu nehmen, nominierte Gemeindeoberhaupt Klaus Runer lieber eine Referentin von außen nach. „Ich glaube, der Bürgermeister wollte sich die Arbeit in seiner letzten Legislaturperiode erleichtern“, sagt der Bürgerlisten-Spitzenkandidat Dietmar Folie.
Auf den ersten Blick scheint das Verhalten der SVP allzu logisch: Die Bürgerlisten sind angetreten, um die Macht der SVP zu brechen. Obwohl die vielen neuen Listen bei den Gemeindewahlen durchaus Erfolge zu verzeichnen hatten – die Mehrheit der SVP in den Gemeinderäten konnten sie aber nicht knacken. Wenn die Volkspartei nun lieber auf altbewährte Edelweiß-Mandatare zurückgreift und die Bürgerlisten dadurch in die Opposition schickt, dann ist das doch demokratisch und legitim, oder?
Aus der Sicht der Bürgerlisten unterliegt diese Argumentation aber einem Denkfehler: „Wir sehen uns nicht als Opposition, sondern als freie Liste ohne Partei- und Ständedenken“, sagt Heidi Peer. Auch Dietmar Folie glaubt: „Wir sind nicht als klassische Oppositionspartei in die Wahlen gegangen – und programmatisch gibt es zwischen uns und der SVP keine gravierenden Unterschiede, die eine Zusammenarbeit verhindern würde.“
Wohl oder übel müssen sich die Bürgerlistler nun aber mit ihrer ungeliebten Rolle in der Opposition zufriedenstellen. „Wir werden aber sicher nicht blockieren und nur dagegen schreien“, verspricht Dietmar Folie. Die „alte Zeit der Seilschaften und der Hinterzimmerpolitik“ sei aber spätestens mit der Wahl von Paul Rösch zu Ende gegangen.
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