„Eine riesige Lawine“
Am Hochferner in Pfitsch ist am Donnerstagmorgen eine Eislawine abgegangen. Nun steht fest: Es gab keine Verletzten.
von Erna Egger
Zwei unabhängige Seilschaften stiegen am Donnerstagmorgen in die Eiswand des Hochferners in den Zillertaler Alpen auf Südtiroler Seite in Pfitsch ein. „In dieser Eiswand liegt teilweise noch Schnee“, erklärt Peter Payrer, Leiter der Bergrettung in Sterzing.
Die Zweiermannschaft aus Nordtirol hatte einen Vorsprung von rund einer halben Stunde. Sie hatte das erste Drittel der Wand bereits hinter sich. Plötzlich brach auf rund 3.200 Metern Höhe ein Serak, ein hausgroßer Eisblock, ab. „Bei der unteren Seilschaft schrammte das ganze Material samt Schnee und Eis ganz knapp vorbei“, schildert Payrer.
Diese beiden deutschen Staatsbürger konnten die oberen beiden Bergsteiger aus Nordtirol nicht mehr sehen. Es gab keinen Rufkontakt mehr. Der ersten Seilschaft erging es ähnlich: Auch sie konnte die Nachfolger nicht mehr sehen. Weil beide Seilschaften das Schlimmste befürchteten, setzten sie einen Notruf ab.
Die Alarmierung ging über die 112 in Schwaz zur Leitstelle Innsbruck, die den Notruf an die Südtiroler Landesnotrufzentrale weiterleitete. Letztere rief um 7.36 Uhr die Rettungskräfte zum Großeinsatz. Ihnen wurden zwei vermisste Personen, bzw. zwei Verschüttete vermeldet.
Die zwei Rettungshubschrauber, der Pelikan 1 aus Südtirol und der Christophorus 1 aus Innsbruck, die Bergrettungsmannschaften aus Sterzing, Gossensaß/Pflersch, aus Ridnaun, die Bergrettung der Finanzwache, die Feuerwehren von Kematen und St. Jakob sowie die Hundestaffel der Bergrettung Brixen rückten aus.
Ein Hundeführer suchte den Lawinenkegel ab. „Dieser hatte ein ziemlich großes Ausmaß“, schildert der Einsatzleiter.
Die hiesigen Bergrettungsmänner wurden mit dem Pelikan 1 in die Wand geflogen und ein Bergretter ließ sich bei der ersten Seilschaft absetzen. „Diesen Männern war nichts passiert. Sie haben ihren Tour wieder fortgesetzt und sind zur Biwakschachtel“, schildert Payrer.
Dort befanden sich schon die beiden Nordtiroler, die der Christophorus 1 mittlerweile schon aus der Wand herausgeholt und ausgeflogen hatte.
Beim Gespräch mit den beiden Seilschaften stellte sich heraus, dass es keine Verschüttete gibt. „Beide Seilschaften waren der Meinung, dass es die andere erwischt hätte“, berichtet der Leiter der Bergrettung Sterzing.
Riesenglück hatte besonders die zweite Seilschaft: „Nur knapp ist das ganze Material bei ihnen vorbei. Das ist eine Wand, die zwischen flach und steil abwechselt. Im Auslauf war es eine riesige Lawine. Am Wandfuß ist man dann auch nicht mehr sicher, weil immer wieder Material nachkommt. Daher sind wir sehr froh, dass niemand verschüttet wurde, weil wir somit bald wieder abziehen konnten“, schildert Payrer.
Um 10.00 Uhr konnte der Einsatz beendet werden.
Fahrlässigkeit sei nicht im Spiel gewesen: „Es ist die übliche Jahreszeit, in der man die Eiswände geht. Im Hochferner ist die Gefahr jedoch relativ groß: Das ist ein Gletscher, der in Bewegung ist. Das Eis schiebt permanent nach vorne. Sobald das Material zu weit nach vorne gedrückt ist, erhält es Übergewicht und bricht ab. Das Phänomen hängt auch nicht unbedingt mit den Temperaturn zusammen, wobei es aber idealer ist, wenn es kälter ist. Und wenn Material abbricht, dann ist die Gefahr groß, dass sich die Bergsteiger genau an dem Ort befinden, wo das Eis und der Schnee daherkommen“, schildert der Rettungsstellenleiter.
Die Zusammenarbeit zwischen Südtirol und Österreich funktionierte gut: „Wir arbeiten mit den Nordtirolern sehr gut zusammen. Es gab nur ein paar Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Christopherus, was in diesem Fall aber nicht schlimm war, weil es keine Verschütteten gab“, sagt Payrer.
Mit 3.463 Metern ist die Hochfernerspitze eine der höchsten Berge der Zillertaler Alpen. Der Gipfel liegt auf dem Hauptkamm dieser Berggruppe auf Südtiroler Seite. Die Staatsgrenze zwischen Österreich und Italien verläuft 500 Meter nordöstlich über einen Randgrat. Der Berg ist im gesamten Bereich über 2500 Metern Höhe vergletschert. Durch die Nordwand führen klassische Eistouren.
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