Die Revanche
Der ehemalige Chef beim FC Südtirol, Werner Seeber, könnte bereits am Freitag mit seiner Mannschaft Bassano in die Serie B aufsteigen. Eine Analyse.
Mit einem Sieg in Monza und bei gleichzeitigen Fehltritten der Verfolger Novara und/oder Pavia könnte Bassano Calcio bereits am Freitag in die Serie B aufsteigen. Was kratzt das uns Südtiroler?
Viel!
Denn der Architekt des sich anbahnenden Fußballwunders ist Werner Seeber, der seit 2012 als Sportdirektor in Bassano arbeitet. Der Fußballmanager aus dem Wipptal hat das von Diesel-Chef Renzo Rosso großzügig gesponserte Werkteam von der C2 in die Erste Division geführt.
Nun, zwei Spieltage vor Schluss, führt Bassano mit 70 Punkten die Tabelle an, zwei Punkte vor Novara, drei Punkte vor Pavia. Der direkte Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse ist also durchaus im Bereich des Möglichen.
Für Werner Seeber ist die diesjährige Saison – unabhängig wie Bassano am Ende abschneidet – eine späte Genugtuung. Beim FC Südtirol hatte sich der ausgewiesene Fußball-Fachmann nicht durchsetzen können, die Chemie zwischen dem introvertierten und notorisch misstrauischen Manager, der Vereinsführung, Spielern, Medienleuten und Fans stimmte einfach nicht.
Nach einem weiteren erfolglosen Intermezzo in Lecco hat Werner Seeber im Reich von Diesel-Boss Renzo Rosso offenbar eine Wirkungsstätte gefunden, in der er sich entfalten kann. Seebers exzellentes Fachwissen hatte nie jemand angezweifelt. In Bassano scheint nun auch der Rest zu passen.
In Interviews schwärmt der 51-jährige Ex-Profi (Chievo, Catanzaro) über den Verein und das Umfeld.
Was hat Werner Seeber in Bassano besser gemacht als seine Nachfolger in Bozen beim FC Südtirol, die sich nach einer enttäuschenden Saison die Wunden lecken?
Die beiden Vereine fahren zwei völlig verschiedene Strategien: Während der FCS auf junge Leihspieler setzt, die nichts kosten und alljährlich ausgetauscht werden, setzt Werner Seeber in Bassano auf Kontinuität – und auf Routiniers. Der Diesel-Verein kann es sich im Unterschied zum FC Südtirol leisten, auf die vom Verband festgelegte Jugend-Quote zu pfeifen.
Bei Bassano laufen in der Regel sechs Spieler der 80er-Jahrgänge auf, dazu noch mehrere Anfang-90er-Jahrgänge. Somit kassiert Bassano auch weniger (oder gar kein) Geld vom Verband. Der FCS, der die Jugendquote immer penibel erfüllt, ist auf die rund 300.000 Euro angewiesen.
Auch setzte Werner Seeber auf eine Achse der Routine: Mit Daniele Semenzato (Jahrgang 87, spielte in der B bei Cittadella und in der C1 bei Lecce), Gian Maria Rossi (Jahrgang 86, stand in der B bei Ravenna im Tor), Angelo Nolé (Jahrgang 84, spielte bei Messina und Ternana in der Serie B), Stefano Pietribiasi (Jahrgang 85, spielte für Vicenza in der Serie B) und Simone Iocolano (Jahrgang 89) hat Bassano Spieler im Kader, die teilweise über 100.000 Euro netto pro Saison verdienen. Aber diese Profis machen eben den berühmten Unterschied.
Insider gehen davon aus, dass Bassano 30 bis 40 Prozent mehr für Spielergehälter ausgibt als der FC Südtirol. Das Budget von Bassano dürfte bei knapp 4 Millionen Euro liegen, also gut 700.000 Euro über jenem des FCS.
Außerdem kann es sich Bassano leisten, auf die 300.000 Euro vom Verband zu verzichten.
Vielleicht sollte man sich auch beim FCS eine neue Strategie zulegen: Die Illusion (von Luca Piazzi und Walter Baumgartner), mit könne mit einer Bubi-Truppe in die Serie B stürmen, ist heuer definitiv wie eine Seifenblase zerplatzt. Auch der FCS wird nicht umhinkommen, einen Mix an hungrigen Jugendspielern und erfahrenen Profis nach Bozen zu holen (man hat im Vorjahr gesehen, was es bedeutet, einen Spieler wie Alex Pederzoli in den eigenen Reihen zu haben).
Das kostet zwar Geld, die Alternative ist, sich den Traum von der Serie B abzuschminken.
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