Günstiges Ticket
Der mutmaßliche Schlepper, der im Bozner Flüchtlingszentrum festgenommen wurde, erzählt die Geschichte der tragischen Überfahrt.
von Thomas Vikoler
Derzeit sitzt er in einer Zelle des Bozner Gefängnisses, vor zehn Tagen war er auf hoher See unterwegs. Mohamed Diatta, 18, wollte nach Europa und er lenkte das 20 Meter lange Holzboot, das zur Todesfalle wurde: 35 der 150 Passagiere, Flüchtlinge aus Syrien und Zentralafrika, ertranken.
„Wir haben das Boot zu dritt abwechselnd gesteuert. Als wir uns einem japanischem Frachter näherten, manövrierte der Einbeinige das Boot in die falsche Richtung und es kenterte“, gab Diatta gegenüber den Beamten der Bozner Quästur zu Protokoll.
Er war im Flüchtlingszentrum in der Ex-Gorio-Kaserne ausgeforscht worden – als mutmaßlicher Schlepper. Nach seiner Darstellung war Diatta in keinem Schlepper-Ring organisiert, sondern selbst ein Flüchtling, der ein „billiges“ Ticket nach Europa erhalten hatte. Weil er sich bereit erklärt habe, das Holzboot zu steuern (die Organisatoren der Überfahrt gaben ihm ein GPS Gerät und ein Handy, um die italienische Küstenwache anrufen zu können), brauchte er lediglich die Hälfte der vorgesehenen 700 Euro zu bezahlen, sagt der 18-Jährige aus dem Senegal, der sich zunächst als Minderjähriger ausgegeben hatte. Eine Röntgenaufnahme widerlegte seine Darstellung, am 10. Mai 1997 geboren zu sein. Es war der 10. Mai 1996.
Mohamed Diatta hat der Polizei umfangreich dargelegt, was auf der Überfahrt von Libyen nach Italien in der Nacht des 12. April vorgefallen ist: Neben ihm waren auch der inzwischen ebenfalls festgenommene Landsmann Da Mbao und der einbeinige dritte Mann als Steuermänner vorgesehen. Flüchtlinge mit vergünstigtem Ticket.
Am Freitag wird Diatta im Bozner Gefängnis von Voruntersuchungsrichter Emilio Schönsberg verhört, der die Festnahme bestätigen muss. Der Ermittlungsakt gegen den jungen Senegalesen wird dann an die Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft von Palermo übersandt. Was mit den drei Schleppern passiert wird, ist offen.
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