Endstation
Nicht nur das Mittelmeer wird zum Hauptort menschlicher Tragödien – Auch an Südtirols Bahnhöfen spielen sich dramatische Szenen ab. Während Hilfsorganisationen überfordert sind, zeigen einfache Bürger Zivilcourage.
von Anton Rainer
Mittwochabend, ein Zugabteil im Eurocity zwischen Bozen und Brenner. Im Gang zwischen den Abteilen lehnen mehrere Carabinieri an den Zugtüren. Sie schütteln den Kopf, einer seufzt: „Jeden Tag dasselbe“. Resignierte Blicke zwischen den Beamten, ein ängstlicher Blick eines jungen Schwarzen, den die müden Carabinieri durch die Abteile in Richtung Ausgang führen.
Es ist nicht der erste Flüchtling, der den Zug in Richtung Brennerpass an diesem Mittwoch frühzeitig verlassen muss, allein am Vormittag wurden in Bozen laut Augenzeugen fast 60 Personen aus den Abteilen gefischt.
15 weiteren Flüchtlingen aus Syrien und Eritrea bleibt am Ende nichts anderes übrig, als die Nacht am Bahnhof zu verbringen, tags darauf bekommen sie Gesellschaft: mehr als 80 Personen, darunter Kinder und schwangere Frauen stranden am Donnerstag Vormittag an den Gleisen.
Eine von ihnen kollabiert vor Erschöpfung, wird laut Zeugenberichten sofort ins Bozner Krankenhaus gebracht. Szenen, die für Empörung sorgen und engagierte Helfer auf den Plan rufen:
„Solidarität mit Flüchtlingen“ nennt sich eine junge Facebook-Gruppe, die versucht, der Notsituation mit einer gesunden Portion Menschlichkeit zu begegnen.
Sie wundern sich über die Ohnmacht, mit der ein zivilisiertes Land einem Flüchtlingsansturm begegnet – und über das merkwürdige Ausbleiben steuerfinanzierter Hilfsorganisationen.
Lesen Sie in der Freitagsausgabe der TAGESZEITUNG: Was der designierte Caritas-Direktor zu den Flüchtlingswellen sagt – und wie freiwillige Helfer den Hilfsorganisationen zuvorkommen.
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