Die Gletscher-Lüge
Der Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins zeigt, dass es erneut Gletschervorstöße gibt. Der Glaziologe Georg Kaser sieht in diesen Interpretationen einen „absoluten Schmarren“, da die Gletscher weiterhin schrumpfen.
TAGESZEITUNG Online: Herr Kaser, was sagen Sie zum Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins?
Georg Kaser (Glaziologe): Es handelt sich im Bericht um Gletscherlängenmessungen, die vom ÖAV seit 124 Jahren durchgeführt werden. Bei dieser Messung wird jeder Gletscher vorne abgemessen, ob er weiter vor oder zurückgerutscht ist. Aber bei der Interpretation dieser Messungen muss man immer aufpassen, da diese Veränderungen das Resultat vieler Gegebenheiten sind, und somit nur über längere Zeiträume und als Mittel über einen Vielzahl von Gletschern interpretierbar sind.
Also kann man nicht von einem positiven Trend sprechen?
Man kann diese minimalen Gletschervorstöße nicht bewerten und wenn man den Bericht professionell formulieren würde, könnte man auch nie von einem positiven Trend sprechen.
Also kann man auch nicht davon sprechen, dass die Gletscher wieder vorstoßen?
Das ist überhaupt nicht haltbar. Es ist ein absoluter Schmarren zu schreiben, dass die Gletscher wieder vorstoßen. Dies wäre gegen unser physikalisches Verständnis und gegen das, was wir vom Klima zurzeit wissen. So könnte und sollte man das nicht schreiben. Die Gletscher schrumpfen weiterhin massiv.
Der heurige Winter war auch nicht gerade Gletschergünstig?
Also bis jetzt war der Winter in Südtirol sicher nicht günstig für die Gletscher. Es hat bis Dezember eigentlich immer nur geregnet, dann war es sehr häufig windig. Hier muss schon in den nächsten Wochen massiv mehr Schnee kommen, damit der Gletscher einen normal-warmen Sommer übersteht. Das was bis jetzt oben ist, ist sofort weg.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Gletscher ein?
Die Gletscher in Europa und Südtirol werden in den nächsten Jahren weiter stark an Masse verlieren – kleine Gletscher werden komplett verschwinden. Das hängt sicher auch davon ab, wie es mit der Klimaveränderung weitergeht und in wie weit wir etwas dagegen unternehmen. Es liegt in den Händen der Entscheidungsträger, was passiert.
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