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Stiche im Divan

Stiche im Divan

Für die Verteidigung von Ester Quici ist keine der zwölf Wunden am Körper ihres getöteten Lebensgefährten Alessandro Heuschreck auf Messerstiche zurückzuführen. Kommt die Tatverdächtige Anfang kommender Woche frei?

von Thomas Vikoler

Keine Stich-, sondern allesamt Schnittwunden. Für Domenico Deo Leo, Professor für Rechtsmedizin an der Universität Verona, ist die Sachlage eindeutig: Es gab keine Absicht, Alessandro Heuschreck, 50, zu töten. Weder durch seine Lebensgefährtin Ester Quici, 34, die weiter des vorsätzlichen Mordes verdächtigt wird, noch durch ihn selbst.

„Er wollte seine Lebensgefährtin unter Druck setzen und auf seine verzweifelte Situation aufmerksam machen“, sagt Beniamino Migliucci, der neue Co-Verteidiger Quicis. Er redete sich bei der zweiten Haftprüfungs-Verhandlung am Bozner Landesgericht den Rachen heiß, um das Gericht unter Vorsitz von Maria Christina Erlicher (Beisitzer: Ivan Perathoner und Michele Pappalardo) von seiner Forderung zu überzeugen: Quici, die seit 22. März in U-Haft sitzt, müsse enthaftet oder zumindest in den Hausarrest überstellt werden. „Es bestehen keine Haftgründe“, ist Migliucci überzeugt.

Staatsanwältin Daniela Pol räumte in der Verhandlung zwar ein, dass die Tatdynamik weiterhin „unsicher“ sei, für sie muss Ester Quici aber in Haft bleiben: Wegen der zahlreichen Widersprüche in ihren Aussagen, dem 40-Minuten-Loch zwischen dem mutmaßlichen Gewaltakt und dem Notruf. Außerdem bestehe Flucht- und Tatwiederholungsgefahr.

Die größte Neuheit der gestrigen Verhandlung ist aber zweifellos die Expertise von Verteidigungsgutachter De Leo. Ein Großteil der zwölf Verletzungen am Körper von Alessandro Heuschreck ist demnach oberflächlich und horizontal mit einem Küchenmesser zugefügt worden. Keine von ihnen sei tödlich gewesen. Und immer, wie erwähnt, Schnitte und keine Stiche, die zudem in untypischen Stellen wie dem Hintern des Toten anzutreffen seien.

Dazu legte die Verteidigung ein ärztliches Attest vom 11. Mai 2014 vor. An diesem Tag hatte Alessandro Heuschreck einen Selbsttötungsversuch unternommen, seine Lebensgefährtin rief sogar die Feuerwehr, um die Wohnungstür zu öffnen. Heuschreck hatte sich, so steht es in einem Bericht, mit einem Messer an der Kniekehle verletzt. Auch das eine eher unübliche Stelle für eine versuchte Selbsttötung.

In den Zusammenhang stellen Quicis Verteidiger Beniamino Migliucci und Enrico Lofoco die drei oder vier Schnitte, die am Divan in der neuen Wohnung des Paares in der Bozner Freiheitsstraße festgestellt wurden. Sie gehen davon aus, dass sie ebenfalls das Ergebnis von Heuschrecks Selbstmordversuch am 21. März sind. Gestern statteten alle Gutachter des Falles der Wohnung einen Besuch ab.

Der Richtersenat wird über das Wochenende über die Haftvoraussetzungen befinden und seine Entscheidung voraussichtlich am Montag bekanntgeben. Es ist nicht auszuschließen, dass Ester Quici zumindest in den Hausarrest darf.

 

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