„Genug vom Schönreden“
Peter Karader ist aus dem Gemeinderat und als Obmann des Sextner Gastwirteverbandes zurückgetreten. Auch das SVP-Parteikartl hat der Hotelier zurückgegeben. Aus Protest.
TAGESZEITUNG Online: Herr Karader, Sie sind von allen Ämtern zurückgetreten. Warum?
Peter Karader: Die Schließung der Geburtenabteilung im Krankenhaus von Innichen hat eine lange Geschichte. Aber jetzt sind wir endgültig an einem Punkt angelangt, wo wir wissen, dass solche Entscheidungen anderswo getroffen werden. Wir hier im Hochpustertal wurden von der Landespolitik im Stich gelassen. Daraus muss man Konsequenzen ziehen.
Was hat Sie denn ganz besonders geärgert?
Es ist einfach eine Frechheit, dass sich von den Entscheidungsträgern kaum jemand blicken lässt. Wir waren immer unter uns, etwa als sich die sieben Gemeinderäte der Gemeinden im Reschhaus trafen, um über das Krankenhaus zu beraten. Man hat ständig beteuert, dass in das Krankenhaus investiert werde und dass man ganz bestimmt nichts schließen wolle, aber wie man jetzt sieht, kommt es dann doch alles ganz anders.
Was hätten Sie anders gemacht? Was hatten Sie sich von der Landespolitik erwartet?
Ich pflege ein enges Verhältnis zu vielen Ärzten und habe deshalb schon lange Einblick in das Innenleben des Krankenhauses. Dort hat das Personal ganz andere Probleme als die Politik. Nur ein Beispiel: Hartmann Aichner, seinerzeit Primar der Gynäkologie, wollte seinen Bereich immer aufwerten und ausbauen. Er hat früh erkannt, wie wichtig es ist, seine Fühler in das Comelico und bis nach Lienz auszustrecken. Aber die Politik in Südtirol hat das genaue Gegenteil unternommen.
Wie meinen Sie das?
Ich mache noch ein Beispiel: Die Wäsche wird nicht etwa in Südtirol gewaschen. Nein. Man bringt sie nach Bregenz oder nach Wien, anstatt sie in unseren Wäschereien zu reinigen. Das zeigt, dass an der Kostenstruktur einiges falsch läuft.
Man argumentiert immer, dass die Geburtshilfe zur Sicherheit von Frau und Kind in größere Strukturen verlegt werden muss. Macht das in Ihren Augen keinen Sinn?
Ich erinnere daran, dass Innichen eines der wenigen Krankenhäuser war, das schon vor Jahren in diesem Bereich eine Zertifizierung bekam. Außerdem bin ich überzeugt: Die Lebensgefahr ist in keinem Bereich größer als in der Gynäkologie. Hier muss man schnell handeln können, will man Leben retten. Muss man 30 Kilometer ins Krankenhaus fahren, geht zu viel wertvolle Zeit verloren. Ich finde das alles so traurig, weil die Gynäkologie doch höchste Priorität genießen sollte. Meine Tochter erwartet Mitte April ein Kind und sie bekommt in Bruneck keine Termine zu Kontrolluntersuchungen. Hier zeigt sich schon, wie überlastet die Abteilung in Bruneck ist.
Sie sind selbst Hotelier. Wie reagieren Ihre Gäste auf die Verkleinerung des Krankenhauses?
Dazu muss man wissen, dass gerade viele italienische Gäste sofort nach der nächsten Apotheke und der medizinischen Versorgung fragen. Jetzt herrschen hier bei uns bald süditalienische Verhältnisse und das ist ganz und gar nicht gut für eine touristische Hochburg wie wir eine sind. Wer übernimmt hier die Verantwortung?
Warum durften Sie bei der Kundgebung am Dienstag nicht ans Podium kommen?
Ich wollte die Problematik erklären und nicht einfach alles schönreden. Aber Innichens Sozialreferentin Simone Wasserer hat mir das verweigert, weil sie meinte ich würde dafür zu viel Applaus bekommen und derzeit müsse man für das Wohlwollen der Bevölkerung sorgen. Aber ich bin nicht dazu da, die Realität auszublenden. Ich halte es für eine bodenlose Frechheit, dass die Wünsche und Bedürfnisse der Basis einfach ignoriert werden. Es wird doch wohl zumindest noch erlaubt sein, seine Meinung zu sagen. Es reicht mir nicht, immer nur Wählerstimmen zu sammeln und Werbung auszuteilen, ich möchte vielmehr auf die Missstände bei der medizinischen Versorgung aufmerksam machen.
Wie geht es jetzt weiter?
Wir haben bereits vor einiger Zeit eine Plattform gegründet, die sich um die Vernetzung mit Ärzten kümmert, vor allem im Bereich Onkologie. Hier kann man Fragen stellen und man bekommt Antworten, wir versuchen auch Visiten in ganz Europa zu organisieren und das alles über einen Fonds finanziell zu unterstützen. Was die Öffentlichkeit versäumt, müssen hier Private in die Hand nehmen.
Interview: Silke Hinterwaldner
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.