Die Sex-Tante
Sie ist Sexualpädagogin und vor allem eine Sex-Kabarettistin. Sie tingelt wieder durch unser Land und klärt verklemmte SüdtirolerInnen auf. Barbara Balldini.
von Arnold Tribus
Was, Sie kennen Babara Balldini nicht? Gut, dann sind Sie entweder ein Sexmuffel, noch nicht aufgeklärt, oder Sie gehören zu der immer seltener werdenden Spezies von Keuschheitsaposteln, denen allein das Wörtchen Sex die Schamesröte ins Gesicht treibt.
Die Dame ist nämlich ein Geheimtipp aller sexualbewegten SüdtirolerInnen, die zwar vorgeben, alles zu wissen über die wichtigste oder die schönste Nebensache der Welt, sich aber gerne weiter aufklären lassen, weil sie nie genug kriegen. Frau Balldini kommt oft und gerne nach Südtirol, sie füllt alle Theatersäle und das Publikum dankt es ihr mit stürmischem Beifall und geht befriedigt nach Hause, auch weil sie im Grunde das tut, was die vielen Paare nicht imstande sind: Sie spricht über den Sex so offen, dass die Paare nur staunen. Und sie sagt alles das, was die Ehefrau oder Partnerin niemals zu ihrem Manne oder Partner sagen würde. Sie kennt keine Tabus, sie ist mit ihrem Körper vertraut und will das auch ihrem Publikum beibringen: Ungeniert über Sex zu reden, ohne Scham und ohne rot zu werden.
Der Sex ist die natürlichste Sache der Welt. Frau Balldini hat die Ära der Schamlosigkeit schon eingeläutet. Ziel ist die totale Befriedigung, und die erreicht man ja nur, wenn alle Schamgrenzen fallen. Was ja leichter gesagt ist als getan. Da ist die Geschichte mit dem Sperma, zum Beispiel. Wer spricht denn schon über Sperma? Frau Balldini. Seit wir von Pornofilmen überflutet werden und es im Netz fünf Millionen pornografische Websites geben soll, wird dem „normalen“ Sexakteur beim Liebesakt ein Paarungsverhalten vorgetäuscht, an das sich dann der brave Ehemann oder Verlobte halten will, um seiner Partnerin zu imponieren. Freilich, ein schwieriges Unterfangen. Es beginnt ja schon damit, dass die in den Filmen gezeigten männlichen Gemächte nicht der Norm entsprechen, weil nur Gutbestückte für Pornofilme gecastet werden.
Ohne Sorge, tröstet Frau Balldini die enttäuschten Frauen und die ebenso frustrierten Männer, die mit ihren Schwänzchen große Sexspiele bewerkstelligen sollen. Die durchschnittliche Länge eines männlichen Glieds im europäischen Raum beträgt nicht mehr als 13 bis 15 Zentimeter, weiß die Expertin, also nicht so mächtig, wie alle angeben. Und danach zu Hause werden die Männer alle fleißig das Lineal suchen und sich von der Frau den Penis messen lassen, als Vorspiel quasi, damit sie wissen, ob sie zumindest der europäischen Norm entsprechen. Aber das mit dem Sperma.
Die Pornofilme machen ja vor, dass der Sexualakt mit der Ejakulation des Mannes endet, er steht im Mittelpunkt des Aktes, der weibliche Orgasmus ist nicht so visuell auf die Leinwand zu bannen. Also wird der Samen, als Zeichen der männlichen Macht und der Unterdrückung auch, der Frau ins Gesicht gespritzt oder aber zum Trunke in den Mund.
Man sollte sich da nicht von diesen Pornoschweinereien leiten lassen, mahnt Frau Balldini und unterstützt die armen Frauen, sollten sie genötigt werden, im Bette für ihren Mann eine Pornodiva zu sein: Frauen mögen diesen männlichen Erguss nicht, weder im Gesicht noch im Mund. „Also, meine Herren, haben sie schon mal ihre Flüssigkeiten gekostet?“, fragt sie Männer in den Saal.
Das ist ein Beispiel.
Ratschläge erhalten die anwesenden Paare und Singles zu allen Facetten des Liebeslebens, ob es nun um den Oralsex, Sexspielzeuge oder um den Analsex geht, der ja auch eine Spezialität der Pornofilme ist und von den Herren der Schöpfung gerne anvisiert wird, der Anus. Heikles Thema, nur wer das wirklich will, solle ja sagen, so die Aufklärerin.
Interessant ist, dass sich immer so viele Südtiroler beiderlei Geschlechts finden, die sich aufklären lassen, die immer mehr wissen wollen. Es sind immer sehr anständige Leute, Paare aus Stadt und Land, nichts Verludertes, nichts Perverses, nein, da sieht man Lehrerinnen und Lehrer genauso wie Bäuerinnen, Landesbeamte und Journalisten sowieso und den einen oder anderen Pfarrer, der sich Nachhilfe holt, was er als Seelentröster hilfesuchenden Paaren sagen kann.
Ein bisschen ist es ihnen dann zu blöd, wenn man sie erkennt und sogar noch anspricht. Gut, man kann sich immer auf den kabarettistischen Aspekt hinausreden, der aber im Falle von Frau Balldini wirklich eine untergeordnete, nebensächliche Rolle spielt. Freilich wäre es schön, könnte man dann in die Schlafzimmer des Publikums gucken und den Paaren beim Geschlechtsverkehr zuschauen, vor der Show und nach der Show. Das Kabarett von Frau Balldini ist eine erzieherische Anstalt. Sie ist die neue Beate Uhse, die Deutschland und ein bisschen auch uns aufklärt und mit Sexutensilien und Pornografie ausgestattet hat.
Barbara Balldini ist die intellektuelle Variante, die Sex-Missionarin, die, die mit Sexirrtümern aufräumt, damit aus den Südtirolerinnen und Südtirolern sexuell und erotisch befriedigte Leutchen werden. In einem lustvollen Südtirol. Denn nur ein befriedigtes Volk ist ein glückliches Volk.
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