„Lassen uns nicht eintragen“
Mit einer Liste, in der sich gleichgeschlechtliche Paare eintragen lassen können, will Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli kurz vor den Wahlen punkten. Die Liste sei für die Katz, kritisieren die Betroffenen.
von Karin Köhl
Seit über 20 Jahren sind sie ein Paar. Gekörnt haben Waldemar Kerschbaumer und Gian Luca Bartellone ihr Glück im Juli 2014 mit einer Hochzeit in Oslo. Sie wollten dadurch nicht nur ihr Liebesglück vollkommen machen, sondern auch ein Exempel statuieren. „Wir haben unsere Pflicht getan“, betont das Ehepaar, „jetzt ist die Politik dran.“ Im Kampf für gleichgeschlechtliche Partnerschaften steht man in Italien anderen europäischen Ländern nach: Im Stiefelstaat ist die gleichgeschlechtliche Ehe nämlich schlicht und einfach nicht vorgesehen.
Bereits vor Monaten hat Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli angekündigt, etwas für diese Paare zu unternehmen. Er hatte für dieses Thema immer ein offenes Ohr, deshalb war die Erwartungshaltung entsprechend groß. Blockiert wurden seine Ambitionen durch ein Veto des Ministers Angelino Alfano. „Andere Bürgermeister haben dennoch für ihre diskriminierten Bürger gekämpft – Spagnolli hingegen hat eine Liste als bequeme Notlösung geschaffen“, bedauert Kerschbaumer. In den sechs Monaten blieb es still um mögliche weitere Schritte.
Nun, wenige Wochen vor den Gemeinderatswahlen, bei denen Spagnolli wieder als Spitzenkandidat der Demokratischen Partei antreten wird, hat sich in Bozen etwas getan: Er hat eine Liste für gleichgeschlechtliche Paare erstellen lassen, in denen sie sich nun eintragen lassen.
Luftsprünge machen die Betroffenen dabei allerdings nicht: „Was bringt mir ein solches Register“, fragt sich Waldemar Kerschbaumer. „Absolut gar nichts.“ Rechtliche Konsequenzen hat eine solche Liste nicht.
Kerschbaumers Forderung ist klar: „Wir wollen zumindest, dass unsere Ehe in der Datenbank des Meldeamts gespeichert ist, sodass wir eine meldeamtliche Bestätigung auf einem originalen Gemeinde- oder Staatsformular haben beziehungsweise dass Sammelbescheinigungen möglich sind.“ Die Geste des Bozner Bürgermeisters ist in seinen Augen nichts als eine Wahlkampfkampagne: „Das ist ein völlig sinnloses Register. Kerschbaumer stellt deshalb unmissverständlich klar: Er und sein (in Norwegen und 64 anderen Staaten anerkannter) Ehemann Bartellone werden sich in diesem Register nicht eintragen lassen: „Ich könnte genauso gut ein Foto meiner Hochzeit mitbringen und es wie in ein Album einkleben – das macht genauso viel Sinn.“
Andreas Unterkircher, Präsident der Schwulen- und Lesbenvereins „Centaurus“ ist durch diese Geste des Bozner Bürgermeisters in eine Zwickmühle geraten: „Als symbolischer Akt ist eine solche Liste sicher schätzenswert“, gibt er zu. „Unterm Strich bringt sie aber gar nichts.“ Ob diese Aufforderung an das römische Parlament, endlich ein Partnerschaftsgesetz zu erlassen, überhaupt gehört werde, wagt er zu bezweifeln. „So“, gibt Unterkircher zu, „verstehe ich auch, dass sich niemand dort eintragen lässt.“
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