Verspäteter Startschuss
Mit einem Monat Verspätung ist es nun soweit: Jeder Arbeitnehmer im Privatsektor kann sich seine Abfertigung über den Lohnstreifen auszahlen lassen. Wie das möglich ist – und warum man unter Umständen davon Abstand nehmen sollte.
von Heinrich Schwarz
Pensplan startete im Februar mit der großen Info-Tour durch die Region – mit Stationen in Trient, Meran, Bozen, Rovereto, Brixen und Cles. Das regionale Zusatzrenteninstitut wollte die Bürger darüber aufklären, ob es sich wirklich lohnt, die Abfertigung über den Lohnstreifen auszahlen zu lassen. Die Abfertigung macht immerhin 6,91 Prozent des Bruttolohnes aus.
Der Hintergrund:
Um den Konsum anzuregen und so die kriselnde Wirtschaft zu stärken, hat die Regierung Renzi zu einer interessanten Maßnahme gegriffen: Jedem Arbeitnehmer im Privatsektor soll es möglich sein, seine Abfertigung monatlich zu erhalten. Es reicht, dem Arbeitgeber ein entsprechendes Formular vorzulegen. Öffentlich Bedienstete sind ausgeschlossen.
Das Ganze sollte ab dem 1. März 2015 starten. Doch wie in Italien so üblich, hat es etwas länger gedauert. Das Dekret des Ministerrates wurde erst Ende März im Amtsblatt der Republik veröffentlicht. Es tritt nun, also mit einem Monat Verspätung, in Kraft. Das Formular ist online als Anlage zum Regierungsdekret zu finden.
Die Auszahlung der Abfertigung im Lohnstreifen gilt bis zum 30. Juni 2018, wobei die Entscheidung des Arbeitnehmers bis dahin unwiderruflich ist. Der Antrag kann hingegen jederzeit gestellt werden.
Allerdings sind gleich mehrere Nachteile zu beachten: So unterliegt die ausbezahlte Abfertigung der normalen Besteuerung, also Steuersätzen zwischen 23 und 43 Prozent. Lässt man die monatliche Abfertigung in einen Zusatzrentenfonds einfließen, wird die später ausbezahlte Zusatzrente deutlich geringer besteuert. Zudem sind die jährlich eingezahlten Beiträge bis zu einem Höchstbetrag von 5.164 Euro steuerlich absetzbar.
Damit kommt man gleichzeitig zum nächsten Kritikpunkt: Im Hinblick auf die Altersvorsorge ist die Abfertigung im Lohnstreifen äußerst bedenklich. Denn mit einer staatlichen Rente kommt man heute nur noch schwer über die Runden. Eine Zusatzrente als zweites Standbein kann Abhilfe verschaffen.
Fazit: Die monatliche Auszahlung der Abfertigung kann interessant sein, wenn man lieber mit einem selbst verwalteten Portfolio für das Alter vorsorgt oder man das Geld für einen dringenden Notfall benötigt. Wer das Geld hingegen unüberlegt ausgeben will und über keine private Altersvorsorge verfügt, sollte es lieber bleiben lassen.
Gibt es überhaupt großes Interesse, die neue Möglichkeit in Anspruch zu nehmen?
Rainer Steger, Pensplan-Verwaltungsrat und Referent an den Infoabenden, glaubt nicht: „Mein Eindruck ist, dass nur diejenigen Personen grundsätzliches Interesse zeigen, die ein geringes Einkommen haben und somit die Steuernachteile nicht so stark spüren, und diejenigen, die das Geld dringend benötigt – aus welchen Gründen auch immer.“
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