Digitaler Ärger
Die elektronische Fakturierung sorgt für Aufregung: Kleinbetriebe können den bürokratischen Mehraufwand vielfach nicht bewältigen.
Die TAGESZEITUNG am Mittwoch berichtet: Groß ist die Wut und Empörung über die neue italienische Bestimmung, dass ab sofort Rechnungen für öffentliche Aufträge nur noch digital ausgestellt werden können.
Kleinbetriebe können den bürokratischen und zeitlichen Mehraufwand nicht bewältigen und müssen sich an externe Anbieter wenden, die die elektronische Fakturierung übernehmen. „Günstige Angebote belaufen sich auf bis zu 50 Euro, aber pro Rechnung“, betont lvh-Präsident Gert Lanz.
Der lvh schildert nun einen konkreten Fall:
Eine Gemeinde hat ein Altersheim, einen Kindergarten und eine Schulmensa. Ein Metzger wird mit der Fleischlieferung beauftragt, erhält aber nicht Einzelaufträge, da die Gemeinde eine gesamte Ausschreibung für alle drei Institutionen macht.
Die Rechnungen müssen aber für die drei Einrichtungen separat ausgestellt werden, seit dem 31. März 2015 in digitaler Form, in einem speziellen XML-Format erstellt, mit dem jeweiligen IPA-Kodex versehen und der digitalen Unterschrift. „Zumeist ist der durchschnittliche Südtiroler Kleinbetrieb nicht imstande, diesen technischen und zeitlichen Aufwand zu bewältigen und muss sich Hilfe von externen Anbietern holen“, erklärt der Präsident im Wirtschaftsverband für Handwerk und Dienstleister Gert Lanz.
Die Kosten, die für die Südtiroler Betriebe für die elektronische Fakturierung entstehen sind enorm.
Dies veranschaulicht folgende Rechnung:
Ausgehend von den 150.000 Rechnungen, die allein die Landeskörperschaften jährlich ausstellen und für die ein Betrieb – bei kostengünstigem Angebot – 15 Euro pro Rechnung bezahlt, ergibt sich eine Summe von 2,25 Millionen Euro. „Die Rechnungen der Gemeinden sind in dieser Kalkulation noch nicht berücksichtigt, d.h. die Summe wird sich vermutlich nochmals verdoppeln.
Und egal ob 15 oder 50 Euro: es geht hier nicht um einen einmaligen Betrag, den die Betriebe bezahlen, sondern um Kosten die pro Rechnung vorgesehen sind und dies stellt für die Unternehmen sehr wohl eine Belastung dar“, unterstreicht Lanz.
Vor allem bei kleineren Aufträgen zahle sich die Arbeit fast nicht mehr aus, sodass bereits mehrere Handwerker überlegen, solche Aufträge nicht mehr anzunehmen. ?Befürchtet wird zudem, dass sich die zusätzlichen Mehrkosten der Betriebe auf den Preis der Dienstleistungen niederschlagen sprich die Kosten für die öffentliche Verwaltung sich erhöhen werden. „Es wäre sinnvoll eine Grenze festzulegen, innerhalb der für kleinere Beträge keine elektronische Fakturierung erforderlich ist“, schlägt Lanz vor.
Für Ärger und Unsicherheit unter den Betrieben sorgt auch das seit 1. Januar 2015 eingeführte Split Payment.
Dies sieht vor, dass für gewisse Dienstleistungen die Mehrwertsteuer vom Auftraggeber (Reverse Charge) bzw. von der öffentlichen Verwaltung (Split Payment) bezahlt wird. Dadurch können hohe Mehrwertsteuer-Guthaben entstehen, die nicht mit Sicherheit verrechnet oder zurückgefordert werden können. „Italien – und damit auch Südtirol – laufen Gefahr, dass vermehrt Lieferanten aus dem Ausland zu den Aufträgen kommen, wo man sich die Mehrwertsteuer spart“, erklärt der Verbandspräsident. Gemeinsam mit den anderen Wirtschaftssektoren und den nationalen Verbänden werde man alles daran setzen, auf die negativen Auswirkungen dieser neuen gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen und konkrete effizientere Maßnahmen anzudenken.
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