Perfektes Timing
SVP-Fraktionssprecher Georg Mayr tritt bei den Gemeinderatswahlen nicht mehr an und soll bereits bei der Vollversammlung Ende April zum neuen Präsidenten der Ecocenter AG gewählt werden. Ein lange vorbereiteter Plan.
von Thomas Vikoler
Dass die SVP einen Posten auslässt, der ihr eigentlich zusteht, das dürfte bisher nicht vorgekommen sein. Mit einer Ausnahme. Am 30. April 2014 bestätigte die Vollversammlung der Ecocenter AG Stefano Fattor nach dreijähriger Amtszeit als Präsidenten. Allerdings lediglich für ein Jahr.
Gemäß der ethnischen Rotation hätte damals ein deutsch Erklärter die Präsidentschaft übernehmen sollen – gewohnheitsgemäß eine Person, die von der Bozner SVP benannt wird. Doch die SVP verzichtete überraschend und gewährte dem früheren grünen Umweltstadtrat ein weiteres Jahr an der Spitze des Umweltentsorgungs-Betriebs, an dem die Gemeinde Bozen 44 Prozent der Anteile hält, die übrigen Südtiroler Gemeinden 46 und das Land zehn Prozent.
Die Begründung für die Ausnahme:
Fattor sei gerade schwer mit dem neu in Betrieb genommenen Verbrennungsofen in Bozen Süd beschäftigt, der zu jener Zeit regelmäßig von Schadensfällen und Betriebsabschaltungen heimgesucht wurde.
Nachträglich betrachtet, erscheint diese Begründung als eher zweifelhaft. Offenbar steht hinter dieser Personalentscheidung eine präzise Zeitplanung, die auf eine Person zugeschnitten ist: SVP-Fraktionssprecher Georg Mayr. Er hat bereits vor Monaten angekündigt, dass er bei den Gemeinderatswahlen am 10. Mai nicht mehr antreten wird. Seine Begründung: „Ich will nicht mehr jeden Abend zu einer Sitzung in die Gemeinde“.
Läuft alles nach Plan, bekommt Mayr bereits ab Ende April einen Posten, der wesentlich weniger zeit- und arbeitsaufwändig ist, dafür aber wesentlich besser bezahlt. Mayr soll auf der nächsten Vollversammlung zum Ecocenter-Präsidenten gewählt werden. Dies bestätigte auch Bozens Bürgermeister gegenüber seinen Koalitionspartnern – ohne deswegen in Begeisterungsstürme auszubrechen.
„Ich hätte die Qualifikation für dieses Amt“, sagt der Betroffene.
Mayr ist bekannt dafür, Posten nicht zu verschmähen: Er war Bauernbund-Obmann, Mitglied des Verwaltungsrates der Messe und der Areal AG, er sitzt im Aufsichtsrat des Raiffeisenverbandes. Seit der Einführung des Verbots für Gemeinderäte, als Verwaltungsräte für öffentlich kontrollierte Betriebe zu fungieren, waren die Möglichkeiten diesbezüglich ziemlich eingeschränkt.
Nun ergibt sich für Mayr die Möglichkeit, für die nächsten drei Jahre einen vergleichsweise lukrativen Posten zu bekleiden. Dem Ecocenter-Präsidenten steht eine Brutto-Aufwandsentschädigung von 31.000 Euro zu.
Der Bozner Gemeinderat kann laut Gesetz bis 45 Tage vor den Wahlen keine Beschlüsse mehr fassen. Am Donnerstag dieser Woche beginnt diese Frist. Allerdings ist in der Gemeinde Bozen mindestens ein Beschluss nach dem 45-Tage-Limit geplant: Die Abstimmung zur SEL/AEW-Fusion nach der Neubewertung der Kraftwerkskonzessionen, die bis Anfang April abgeschlossen sein soll. Auf jedem Fall dürfte der Bozner Gemeinderat innerhalb Ende April noch einmal zusammentreten.
SVP-Fraktionssprecher Georg Mayr geht davon aus, dass der Rat danach formal aufgelöst wird.
Trifft das zu – eigentlich dauert die Amtsperiode bis 10. Mai -, wäre der Weg frei für seine Wahl zum neuen Ecocenter-Präsidenten.
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