Krise ohne Ende?
Die Krise im italienischen Fußball – und kein Ende? Das Unbehagen von Teamchef Antonio Conte. Und: Ein vielsagendes Telefonat von Lazio-Präsident Lotito.
von Klaus Schuster
Am 28.Januar hatte Italiens Teamchef Antonio Conte alle Trainer der regionalen Juniorenauswahlen zusammen mit jenen der „Primavera“ Mannschaften ins Verbandszentrum nach Coverciano bei Florenz eingeladen. Das Thema waren die aktuellen Defizite im italienischen Fußball im Vergleich zur europäischen Elite.
Conte nahm sich bei dieser Gelegenheit kein Blatt vor den Mund und listete die, von ihm und seinem Mitarbeiterteam, georteten Defizite detailliert auf. Dabei vergaß er auch nicht auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einzugehen und betonte, dass die Schwierigkeiten oft nicht in den Vereinen, beim Trainer und auch nicht bei den Buben selbst zu suchen sind, sondern bei der Einstellung der Eltern.
Als Beispiel nannte er, dass früher Kinder, die von ihren Lehrern bestraft wurden, Angst hatten, dies ihren Eltern mitzuteilen, weil sie auch dort noch zusätzliche Konsequenzen zu befürchten hatten. Heutzutage hingegen seien es vielfach die Lehrer, die in solchen Fällen eine Anzeige von Seite der Eltern riskieren.
Die Defizite der Spieler gehen von der allgemein zu niedrigen Intensität, zu fehlenden individuellen technischen Fertigkeiten in der Offensive (man findet kaum noch Spieler, die in der Lage sind einen Gegenspieler zu überspielen) und in der Defensive (wenig Druck auf den Ball, Angreifer, welche die gegnerischen Abwehrspieler in Ballbesitz nicht oder nur halbherzig attackieren) bis zu Unzulänglichkeiten in der Mentalität (das Einstellen aller Offensivbemühungen nach einem 1:0 Vorsprung).
Am Nachmittag zeigte er den Anwesenden dann bei einem Training mit der U-15 Nationalmannschaft in beeindruckender Weise, was er unter einem intensiven Training versteht. Man hatte den Eindruck, dass er, wie jeder leidenschaftliche Trainer, nur auf dem Platz so richtig in seinem Element ist und die tägliche Trainingsarbeit, wie sie bei einem Verein an der Tagesordnung ist, vermisst.
Abschließend appellierte er an alle Anwesenden an einem Strang zu ziehen, um die genannten Defizite aufzuholen, persönliche Ziele hinten anzustellen und für die Sache zu arbeiten.
Wie dies dann in Italien in der Praxis aussieht, darüber konnte man sich im Laufe der vergangenen Woche ein Bild machen:
Während der, im Herbst als griechischer Nationalcoach entlassene, Massimo Ranieri sich nicht zu schade war, bei Leverkusens Trainer Roger Schmitt zu hospitieren und sich weiterzubilden, gab es zwischen Vereins- und Verbandsfunktionären die seit Jahren üblichen Scharmützel:
Nach dem Spiel Juventus gegen Milan gab es tagelang eine von Milans sportlichem Leiter Galliani entfachte, nicht enden wollende Polemik, um den ersten Treffer der Turiner. Tevez war aus abseitsverdächtiger Position gestartet, mittels TV Beweis wies man jedoch nach, dass der Treffer regulär war. Bei dieser Gelegenheit wurde dann der Verdacht laut, dass man bei Juventus die TV Übertragungen selbst kontrolliere und dadurch in der Lage sei die Fernsehbeweise zu manipulieren. Das Pikante an dieser Aussagen war, dass sie ausgerechnet von dem Verein kamen, dessen Präsident Berlusconi Besitzer mehrerer TV Sender ist.
Die Schiedsrichtervereinigung liegt schon länger mit dem neuen Präsidenten Tavecchio im Clinch. Im Laufe der Woche kam es zu einem harten, über die Medien geführten, Schlagabtausch, weil man die finanziellen Entschädigungen der Unparteiischen kürzen und völlig frei per Losentscheid ermitteln möchte, welcher Schiedsrichter welches Meisterschaftsspiel pfeift.
Zum absoluten Höhepunkt kam es dann am Wochenende als Lazio Präsident Lotito am Telefon abgehört wurde, wie er seine Besorgnis über die derzeitige Situation in der Serie B kundtat, weil Mannschaften aus so kleinen Städten wie Carpi oder Frosinone auf dem besten Wege seien in die Serie A aufzusteigen. Seine Aussagen, dass sich diese Tatsachen negativ auf die Verhandlungen wegen der Fernsehrechte auswirken, löste nicht nur in den betroffenen Zentren scharfe Proteste aus. Lotito ist auch Verbandsfunktionär und als solcher einer der engsten Mitarbeiter
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