Synodale Handbremse
Nach den aufsehenerregenden Abstimmungen zum Frauenpriestertum und Zölibat haben die Verantwortlichen der Kurie nun die Handbremse gezogen. Abstimmungen zu überdiözesanen Themen wurden untersagt.
von Artur Oberhofer
Robert Hochgruber von der ehemaligen Initiativgruppe für eine lebendigere Kirche ist „einfach nur traurig und enttäuscht“. Der Grund: „Das Pendel hat von einem verheißungsvollen mutigen Aufbruch in eine meist konservative und priesterzentrierte-kuriale Richtung ausgeschlagen.“
Es geht um die Synode.
Die TAGESZEITUNG hatte vergangene Woche über den synodalen Paukenschlag berichtet. 62 Prozent der Synodalen hatten sich bei der letzten Session für die Priesterweihe für Frauen ausgesprochen, gar 70 Prozent für die Freistellung vom Zölibat für Priester.
Der Umstand, dass auf der Synode über Themen abgestimmt wurde, die die Diözese gar nicht entscheiden kann, war von den Verantwortlichen der Kurie nicht goutiert worden. Robert Hochgruber berichtet jetzt:
„Bischof Ivo Muser hat am vergangenen Wochenende zum ersten Mal mit einer Wortmeldung eingegriffen und erklärt, dass wir über Abstimmungen zu Themen, die die Diözese nicht entscheiden kann, nachdenken sollten, dass sie bereits durch die Medien gegangen seien und er sich ständig rechtfertigen müsse.
Wir sollten über seinen Gemütszustand und seine Verantwortung reflektieren.
Daraufhin untersagte das Präsidium weitere Abstimmungen zu überdiözesanen Themen.
Zwar sprachen sich eine Reihe von Synodalinnen und Synodalen gegen dieses Verbot aus, aber es blieb dabei.“
Daraufhin habe auf der Synode eine gedrückte Stimmung geherrscht, die sich auch auf andere Abstimmungen ausgewirkt habe.
Robert Hochgruber nennt als Beispiel einen Gruppenantrag, den er selbst vorgebracht hat, in dem es um Transparenz bei der Vermögensverwaltung der kirchlichen Güter sowie um eine soziale und ethische Grundausrichtung in allen finanziellen Entscheidungen der Kirche ging.
Der Antrag fand ebenso keine Mehrheit wie ein Antrag, das Unrecht an Priestern ohne Amt einzugestehen und sie in der Seelsorge einzubauen. „Eine diözesane Anstellung der Pastoralassistentinnen und -assistenten , was sich viele von ihnen wünschen, damit sie gut arbeiten können, wurde klar abgelehnt“, berichtet Robert Hochgruber, der sich die Frage stellt: „War es vorauseilende Gehorsam oder Obrigkeitshörigkeit?“
Er selbst habe den Eindruck gewonnen, dass vor allem bei der Behandlung der Thematik Ehe und Familie die Bereitschaft fehlte, der Wirklichkeit in die Augen zu schauen und über derzeitige kirchliche Bestimmungen hinaus tragbare Lösungen zu suchen. Robert Hochgruber gegenüber der TAGESZEITUNG: „Meine Befürchtung ist, dass uns als Kirche die Entwicklung in der Gesellschaft überrollen wird, da wir keine echten Hilfen anzubieten haben und weitgehend nicht mehr glaubwürdig sind.“
Doch es habe auch positive Ansätze gegeben. Immerhin hätten sich 61 Prozent der Synodalen für ein Eingeständnis, dass die Kirche als ganze in der Vergangenheit im Rahmen von Ehe und Familie Schuld an einzelnen Personen oder Gruppen auf sich geladen hat, ausgesprochen. Dafür solle sie sich entschuldigen.
Robert Hochgrubers Fazit:
„Insgesamt ist aber wohl der Mut abhanden gekommen. Am vorvergangenen Wochenende schienen mir die SynodalInnen durch keine Vorgaben oder Absprachen eingeschränkt. Dabei kamen großartigen Ergebnisse heraus.
Ich führe sie noch einmal an, weil sie nach wie vor gelten, zukunftsorientiert sind und wohl die Einstellung eines Großteils der Gläubigen wiedergeben:
* Krankensalbung auch durch Laien (KrankenseelsorgerInnen) 79 % Zustimmung
* Kommunion für alle Gläubigen (Richtung Ökumene) 67 % Zustimmung
* Sakramente (vor allem Kommunion) für Geschiedene-Wiederverheiratete 83 % Zustimmung
* Laienpredigt 67 % Zustimmung
* Diakonat für Frauen 79 % Zustimmung
* Priesterweihe für Frauen 62 % Zustimmung
* Freistellung des Zölibates für Priester 70 % Zustimmung
Diese vergangenen zwei Sessionen erachte ich als Geburtswehen einer neuen Kirche. Es fällt schwer, uns von einer priesterzentriert, absolutistisch und patriarchal strukturierten Kirche zu verabschieden. Aber wir müssen es, glaube ich.
Wie können wir zu verheißungsvollen, evangeliumsgemäßen Ufern aufbrechen? In den Maßnahmen, die jetzt ausgearbeitet werden, dürften viele Chancen liegen, in einem Umdenken sowohl unten wie oben, im Wehen des Geistes Gottes, den ich nach wie vor feststelle. Ich hoffe und vertraue darauf, dass die angezogene Handbremse, mit der wir derzeit unterwegs sind, wieder gelockert wird und meine Traurigkeit der Freude weicht.“
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