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Verdächtige Eile

selgeldonlineViele Fragen sind ungeklärt. Die Eile, mit der die Fusion SEL-Etschwerke über die Bühne gehen soll, macht stutzig, meint die Grüne Cristina Kury.

Auch aus der (Meraner) Ferne beobachtet die ehemalige Landtagsabgeordnete Cristina Kury die Landespolitik noch ganz genau.

Nun hat die Meraner Gemeinderätin der Grünen einen ausführlichen und kritischen Beitrag zur geplanten Fusion zwischen der Landesenergiegesellschaft SEL und den Etschwerken verfasst.

TAGESZEITUNG Online stellt die Gedanken von Cristian Kury als Diskussionsgrundlage ins Netz.

Cristina Kury

Cristina Kury

„Unsere Zweifel:

  1. Seit Jahren wird von vielen Seiten gesagt, dass der Ursprung des Übels der Südtiroler Strompolitik im Interessenskonflikt des Landes liegt, das gleichzeitig Stromproduzent (SEL) und Konzessionsvergeber ist. Mit der vorgeschlagenen Fusion wird dieser Interessenskonflikt nicht gelöst. Auch wenn das Land sein Versprechen wahrmacht, 10 Prozent seiner Anteile an die Gemeinden zu verkaufen (die Garantie dafür fehlt), bleibt es eindeutig der Mehrheitseigner in der neuen Gesellschaft. Sollte sich die Gesellschaft bei zukünftigen Ausschreibungen um neue Konzessionen bewerben, könnte der Interessenskonflikt von Mitbewerbern beanstandet werden.
  2. Die von SEL bis zum Datum der Fusion abgeschlossenen Verträge gelten auch für die neue Gesellschaft. Der neue Vertrag zwischen SEL und ENEL (über den Ankauf der 40 Prozent ENEL-Anteile der HYDROS-Kraftwerke) und eventuelle Bedingungen zu Lasten der neuen Gesellschaft sind nicht bekannt. Bekannt ist aber, dass auf Grund des Vertrages SEL-EDISON sich SEL nur im Verbund mit EDISON für die in den nächsten Jahren auslaufenden HYDROS-Konzessionen bewerben darf (es betrifft immerhin ca. 1000 GWh). Konkret heißt dies für die neue Gesellschaft, dass sie sich nur um 60 Prozent der auslaufenden Konzessionen bewerben kann, da 40 Prozent für EDISON reserviert sind.
  3. Die stark ins Feld geführte Garantie, dass jährlich mindestens 10 Mio. Euro an Gewinnen an die beiden Gemeinden ausgeschüttet werden, entspricht nicht der Wahrheit: im Art. 35 des Statutes steht lediglich, dass 47,7 Mio. an Gewinnen (27,7 Mio. an Land, 20 Mio. an Gemeinden) ausgeschüttet werden, wenn sie vorhanden sind, bevor man Rücklagen macht.
  4. Die neue Gesellschaft steht nur dann auf sicheren Beinen, wenn die Konzessionen, über die sie verfügt, rechtlich nicht anfechtbar sind. Das Land hat beschlossen, die auf Fälschungen beruhenden Konzessionen neu zu bewerten und dem Sieger neu zuzuweisen. Das ist gut so. Um die Rechtmäßigkeit wiederherzustellen, muss dieser Prozess der Neuzuweisung transparent durchgeführt werden. Derzeit ist unklar, welche originalen Konzessions-Ansuchen der SEL überhaupt auffindbar sind, ob sie rechtliche Relevanz bei einer Konzessionsausschreibung haben, ob die originalen Ansuchen für alle Konzessionen auffindbar sind und ob die Unterlagen komplett sind.
  5. Insbesondere verwundert, dass eine Klausel mit aufschiebender Wirkung auflistet, dass das Land die Garantie beibringt, dass die Restwassermengen der HYDROPOWER-Kraftwerke nicht weiters erhöht werden müssen. Die Ex-ENEL-Konzessionen, die der SEL zugewiesen wurden und die anschließend in die Gesellschaft HYDROPOWER eingeflossen sind (SEL 60%-ENEL 40%) sollen ja neu bewertet werden, und zwar bezüglich der zwei Grundlagen: Produktionssteigerung und Umweltauflagen, wo die Festlegung der Restwassermenge wesentlich ist. Von diesen Verpflichtungen, die Grundlage der Zusprechung der Konzession sind, kann nicht per Fusionsvertrag abgewichen werden. Es ist rechtlich unhaltbar, dass jemand auf Grund der angegebenen Restwassermenge eine Konzession erhält und sich danach nicht an diese Auflage halten muss.
  6. Rechtlich bedenklich ist ebenso der evidente Interessenskonflikt des Landes in der derzeitigen Phase der Verhandlungen: einerseits läuft die Prozedur der Neuzuweisung der Konzessionen durch das Land, anderseits genehmigt das Land den Fusionsvertrag, in dem die Neuzuweisung der Konzessionen Auswirkungen auf das Beteiligungsverhältnis von AEW/SEL in der neuen Gesellschaft hat.

 Diese Fragen sind unter anderem bislang ungeklärt.

Ungeklärt ist auch die Frage der Eile, mit der politisch die Fusion vorangetrieben wird.

Warum kann die Fusion nicht dann erfolgen, wenn

  1. alle Konzessionen, die auf Fälschungen beruhen, neu zugewiesen worden sind;
  2. das Problem der SEL und SELfin mit der Agentur für Einnahmen geklärt ist, die einen hohen Betrag einfordert;
  3. der Ankauf und die Finanzierung des 40-prozentigen ENEL- Anteils an den HYDROPOWER-Kraftwerken erfolgt ist und der Vertrag vorliegt;
  4. die Abtretung eines beträchtlichen Teils der SEL-Aktien vom Land an die Gemeinden erfolgt ist;

Die Grünen haben sich bereits vor 15 Jahren (vor der Ausschreibung der ENEL-Konzessionen) dafür stark gemacht, dass eine Landesenergiegesellschaft gegründet wird, die sich am Wettbewerb der auslaufenden Konzessionen beteiligt. Leider kam es anders. Die Grünen sind dafür, dass nun seriös an der Schaffung einer solchen Gesellschaft gearbeitet wird. Allerdings müssen die Grundlagen dieser neuen Gesellschaft auf rechtlich einwandfreien Beinen stehen.“

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