Die große Verwirrung
In der SVP beginnt jetzt ein Streit darüber, was der SVP-Ausschuss in Sachen Geburtenabteilungen wirklich beschlossen hat. Was SVP-Chef Philipp Achammer sagt.
von Artur Oberhofer
Für Beobachter war klar: Der SVP-Ausschuss hat am Montag die Reformpläne von Martha Stocker abgesegnet – und damit faktisch die Schließung der Geburtenabteilungen in den Kleinspitälern zum 1. Jänner 2016 beschlossen.
Die Aussagen und die Botschaft des Landeshauptmannes und der Landesrätin (zu sehen und zu hören auch im VIDEO von TAGESZEITUNG Online) waren klar und unmissverständlich:
Wenn Rom die Sicherheitsstandards nicht lockere (was völlig unwahrscheinlich, ja unmöglich ist), dann könnten die Geburtenabteilungen nicht weiterbetrieben werden – und müssten zum 1. Jänner 2016 schließen.
Innerhalb der SVP ist nun ein Streit darüber ausgebrochen, was wirklich beschlossen wurde bzw. welche Auswirkungen die Entscheidung des SVP-Ausschusses habe.
Die Posse um die Gesundheitsreform geht in die nächste Runde.
Der Grund: Die drei Bezirksobleute der SVP im Vinschgau, Wipptal und im Pustertal stellten am Dienstag klar:
Über die Geburtenabteilungen sei im SVP-Ausschuss gar nicht entschieden worden! Diese Entscheidung sei nämlich ausgeklammert worden!
Der Wipptaler Bezirksobmann Karl Polig sagte am Dienstag wörtlich:
„Wir hätten dem Entwurf von Landesrätin Martha Stocker nie zugestimmt, wenn darin eine Schließung der Geburtenabteilungen von Sterzing, Innichen oder Schlanders vorgesehen wäre.“
Der Parteiausschuss habe „die Entscheidung über Zukunft der Geburtenabteilung bis zur eindeutigen Klärung der Zuständigkeiten der Autonomen Provinz aus dem Beschluss ausgenommen“, so erklärte auch der Bezirksobmann des Vinschgaus, Albrecht Plangger.
Was ist nun Sache?
Die drei SVP-Bezirksobleute erklärten, dass Parteiobmann Philipp Achammer noch vor der Abstimmung betont habe: „Wir entscheiden heute nicht über die Schließung, sondern lediglich über die weitere Vorgehensweise zu den Geburtenabteilungen.“
Die Frage ist jetzt:
Wurden die SVP-Bezirksobleute reingelegt?
Haben Plangger, Durnwalder, Polig & Co. nicht mitbekommen, über was sie abstimmen?
In jedem Fall tun die drei Bezirksobmänner jetzt so, als wäre in Sachen Geburtenabteilungen noch gar nichts beschlossen. „Es muss unser Ziel sein, alle Möglichkeiten zum Erhalt der Geburtenabteilungen auszuloten“, sagt beispielsweise der Wipptaler Bezirksobmann Polig.
Die Zustimmung im Parteiausschuss, so ergänzt sein Vinschger Kollege Albrecht Plangger, sei „ein Vertrauensvorschuss gegenüber der Landesrätin und dem Landeshauptmann“ zu werten: „Wir erwarten uns nun aber ernste Verhandlungen mit Rom“, betonte der SVP-Obmann des Vinschgaus.
Auch bei den Primariaten in den peripheren Strukturen sei garantiert worden, dass es zu keinem Kahlschlag kommen werde und dass die interdisziplinären Abteilungen Chirurgie mit Orthopädie und innere Medizin , die Erste Hilfestationen und der Notarztdienst in der Peripherie rund um die Uhr gewährleistet werden.
Der Pusterer Bezirksobmann Meinhard Durnwalder sagt abschließend: „Es ist gemeinsam gelungen, in wichtigen Bereichen Kompromisse zu erzielen, in Bezug auf die Geburtenabteilungen besteht jedoch noch dringender Klärungsbedarf“.
Nun liegt eine Stellungnahme von SVP-Chef Philipp Achammer vor:
Er stellt klar, dass der Parteiausschuss am Montag nicht der Schließung von Geburtenabteilungen zugestimmt habe: „Abgestimmt wurde lediglich die von Landeshauptmann Arno Kompatscher vorgeschlagene Vorgehensweise, wonach die derzeit geltenden Sicherheitsstandards auf unser Ersuchen hin auf römischer Ebene noch einmal überprüft werden sollen“, so Achammer.
Dem Beschluss des Parteiausschusses entsprechend wird Landeshauptmann Arno Kompatscher gemeinsam mit Gesundheitslandesrätin Martha Stocker, den SVP-Parlamentariern sowie dem Trentiner Landeshauptmann Ugo Rossi im Gesundheitsministerium eine Überprüfung der im Jahre 2010 festgelegten Sicherheitsstandards unter Beachtung von internationalen Referenzrahmen beantragen. „Von dieser Überprüfung wird auch die Zukunft der Geburtenabteilungen abhängen“, so Achammer. „Folgerichtig wird erst dann über etwaig nötige Schritte entschieden werden.“ Im Rahmen der Parteiausschusssitzung sei auch mehrmals unterstrichen worden, dass die Überprüfung dieser Standards zu jedem Zeitpunkt die notwendige größtmögliche Sicherheit von Frau und Kind beachten müsse.
Laut dem SVP-Obmann sei nur aufgrund dieser gemeinsamen Vorgehensweise und der Abstimmung mit den Vertretern der betroffenen Bezirke eine so breite Zustimmung im Parteiausschuss möglich gewesen. „Neben dem umstrittenen Punkt der Geburtenabteilungen enthält die Gesundheitsreform jedoch zentrale Maßnahmen, welche auf eine Sicherung aller sieben Krankenhäuser abzielen“, so SVP-Obmann Philipp Achammer. Weitere bedeutende und weitreichende Reformvorhaben wie etwa eine Neuorganisation der Verwaltung seien hingegen von Anfang an sehr positiv aufgenommen worden. „Deshalb sind wir auch überzeugt davon, dass die Gesamtreform wesentliche Weichen für das Gesundheitswesen stellt, insbesondere was Qualitätssicherung und langfristige Finanzierbarkeit betrifft“, betont Achammer abschließend.
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