Der Tabubruch
Was das Präsidium der Synode verschwiegen hat: In einer Abstimmung am Samstag haben sich 62 Prozent der SynodalInnen für eine Priesterweihe für Frauen ausgesprochen, 70 Prozent sind für die Aufhebung der Zölibatsverpflichtung.
von Artur Oberhofer
Eine Frau, die aufgrund ihrer beruflichen Situation nicht offen auftreten kann, berichtet, dass vonseiten des Präsidiums des Synode „penibel darauf geachtet worden“ sei, „dass die so genannten heißen Eisen nicht zur Abstimmung gelangen“. Und es wurde auch darauf geachtet, dass die Ergebnisse der Abstimmung nicht an die große Glocke gehängt werden.
Was der Synodensekretär und der Seelsorgeamtsleiter nicht öffentlich erklärt haben:
Am vergangenen Samstag ist es bei der Synode zu einem Tabubruch gekommen. Es wurde nämlich, trotz des Widerstandes einiger mächtiger Kirchen-Männer, auch über die heißen Eisen abgestimmt.
Das Ergebnis: Eine große Mehrheit der Synodenmitglieder sind für eine Priesterweihe für Frauen, 70 Prozent sind für die Aufhebung der Zölibatsverpflichtung für Priester.
Die Synodalin, die nicht offen auftreten kann und will, fasst im Hintergrundgespräch mit der TAGESZEITUNG zusammen, was am vergangenen Samstag in der Cusanus Akademie passiert ist:
„Die heißen Eisen wurden mit einem Sternchen gekennzeichnet, und es wurde deutlich gemacht, dass darüber nicht abgestimmt wird. Man muss vielleicht dazu sagen, dass eine Instruktion des Vatikans aus den 90er-Jahren das auch verbietet, weshalb diese Vorgangsweise auch gut gerechtfertigt werden konnte.
Es stellte sich nur die Frage, warum man dann die offenen Runden gemacht und die Menschen zur Diskussion eingeladen hat etc., wenn über die Hälfte der von ihnen eingebrachten Themen tabuisiert werden.
Es gab eine Aussprache einiger SynodalInnen mit dem Bischof und anderen Präsidiumsmitgliedern, wo angeregt wurde, die Punkte dennoch abzustimmen.
Es wurden mehrere Anträge in diese Richtung gestellt, und diese wurden vom Präsidium abgelehnt, ohne sie dem Plenum überhaupt vorzustellen.
Es hieß sogar, dass es keinen Sinn mache, diese Inhalte zur Abstimmung zu bringen, weil sie ohnehin keine Mehrheit bekämen etc.
Am Samstag kam es dann am Beginn der Sitzung zu einer sehr spannenden Auseinandersetzung.
Ein Dokument – es muss das Dokument Nr. 4 gewesen sein – sollte zur Debatte zugelassen werden. Anders als bei den vorherigen Dokumenten meldeten sich jetzt einige SynodalInnen und sagten, dass es keinen Sinn macht, dieses Dokument zur Abstimmung zu bringen, wenn man alle ,Sternchenthemen’ – also alle Themen, die in Rom zu entscheiden sind – einfach auslässt.
Und es meldeten sich mehr und mehr SynodalInnen und unterstützten dieses Anliegen.
Schließlich, nachdem der Druck so groß geworden war, hielt das Präsidium eine Sitzung ab und ließ wissen, dass ab nun zuerst über den Text abgestimmt würde und dann ein Votum zu den Aussagen erfolgen könne, die die Kompetenz des Bischofs übersteigen und meistens nur von Seiten des Vatikans geklärt werden können. Dieses Votum sei aber ausschließlich ein Stimmungsbild.“
Es kam dann tatsächlich zu den entsprechenden Voten – die aber in den offiziellen Verlautbarungen verschwiegen worden sind.
Die Aufsehen erregenden Ergebnisse:
- Für die Aufhebung der Zölibatsverpflichtung für Priester stimmten 70 % der SynodalInnen.
- Für das Frauendiakonat stimmten 70 % der SynodalInnen.
- Für die Priesterweihe von Frauen stimmten 62 %.
- Für die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten stimmten 83 %.
- Für die Krankensalbung durch nichtpriesterliche Krankenhausseelsorger stimmten 79 % der Synodenmitglieder.
Im kirchenfreundlichen Tagblatt der Südtiroler wurden die Abstimmung und die überraschenden Ergebnisse verschwiegen.
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