Die Fraktions-Posse
Nach dem Rücktritt des Fraktionspräsidenten von St. Martin Obertal gibt es ein Problem: Niemand will in den Ausschuss nachrücken. 15 Nächstgewählte haben bereits eine Absage erteilt.
von Heinrich Schwarz
Die TAGESZEITUNG hat Anfang Dezember über den fragwürdigen Rücktritt des Fraktionspräsidenten von St. Martin Obertal in der Gemeinde Gsies berichtet. Daniel Selbenbacher, der dreieinhalb Jahre lang Präsident war, teilte in einem Schreiben mit:
„Als ich das Amt übernommen habe, war ich stets gewillt, mich für die Bürger der Fraktion einzusetzen. Bis?vor einem Jahr ist mir das?auch geglückt, doch als die Sekretärin der Fraktion?anfing, ihre Tätigkeit nicht?mehr gewissenhaft, ordnungsgemäß, fristgerecht, pflichtbewusst und nach gesetzlichen Vorschriften?zu erfüllen und ich sie mehrmals ermahnte und?hinter ihrem Rücken vom Fraktionsausschuss den Beistand erhielt, habe ich mich jetzt für den Rücktritt entschieden.“
Die Sekretärin wollte die Vorkommnisse nicht kommentieren.
Für die Fraktion St. Martin Obertal bedeutet der Rücktritt, dass der Ausschuss nur mehr aus vier Personen besteht. Das heißt, der Nächstgewählte müsste in den Fraktionsausschuss nachrücken, der anschließend einen neuen Präsidenten wählt.
Obwohl die Nachbesetzung relativ einfach und unbürokratisch erscheint, hat sie sich in St. Martin Obertal zu einer regelrechten Posse entwickelt. Denn: Man ist zwei Monate nach dem Rücktritt Selbenbachers nicht imstande, einen Nachfolger zu finden.
Der übliche Vorgang nach einem Rücktritt sieht folgendermaßen aus: Die Gemeinde Gsies muss die nächstgewählte Person anschreiben. Innerhalb einer kurzen Frist muss die Nachbesetzung angenommen oder abgelehnt werden. Gibt es eine Ablehnung, muss die Gemeinde in der Reihenfolge laut Wahlergebnis weitersuchen, bis eine fünfte Person für den Ausschuss gefunden ist.
Bürgermeister Paul Schwingshackl hat mittlerweile aufgehört, die Ablehnungsschreiben zu zählen: „Es dürften um die 15 sein.“
Aktuell ist man bei der Sekretärin der Fraktion angekommen, die sich ebenfalls unter den Gewählten befindet. „Sie hat um eine einwöchige Bedenkzeit gebeten“, sagt Schwingshackl. Sollte auch sie absagen, sind nur noch fünf Personen ausständig. „Diese erhielten aber nur ein bis zwei Stimmen, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass jemand annimmt.“
In diesem Fall würde der Fraktionsausschuss aufgelöst und neu gewählt. Sollte die derzeitige Sekretärin hingegen annehmen – wobei sie dann als Sekretärin zurücktreten müsste – gibt es noch ein Problem: Die Wahl des Präsidenten.
Laut Paul Schwingshackl müsste sich die Sekretärin wohl gleichzeitig auch als Präsidentin zur Verfügung stellen. Denn momentan wolle niemand so recht Verantwortung übernehmen.
„Wir haben dem bestgewählten Mitglied im Ausschuss mitgeteilt, dass das vierköpfige Gremium unter seinem Vorsitz alle Amtsgeschäfte fortführen kann“, erklärt der Bürgermeister. Der Betroffene überlege jedoch einen Rücktritt, falls er verpflichtet wird, die Verantwortung zu übernehmen. Es seien momentan also keine Entscheidungen der Fraktion – wie etwa Grundregelungen – zu erwarten.
Es geht somit alles in Richtung Auflösung und Neuwahlen der Fraktionsverwaltung St. Martin Obertal. „Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass wir weder eine fünfte Person noch einen Präsidenten finden“, meint Paul Schwingshackl.
Sollte es auch bei einer Neuwahl Probleme geben, käme eine kommissarische Verwaltung der Fraktion in Frage.
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