Bestrahlte Würmer
Die Verbraucherzentrale führt an Schulen Experimente mit Würmern und Pflanzen durch, um die Folgen des Elektrosmogs zu erforschen. Die Ergebnisse sind erstaunlich.
von Erna Egger
Francesco Imbesi hat kein Handy – verständlich: Der Mann in der Verbraucherzentrale in Bozen ist von den negativen Auswirkungen des Elektrosmogs und der Handystrahlung überzeugt. „Von unabhängigen Wissenschaftlern wurde mittlerweile bewiesen, dass die Handystrahlung gravierende Auswirkungen auf den Organismus hat“, betont er.
Seit der Einführung der Handy-Technologie informiert die Südtiroler Verbraucherzentrale zu allen Themen rund um die drahtlose Kommunikation – und eben auch zu den gesundheitlichen Schäden.
„Aber es ist nicht leicht, Gehör zu finden. Konsumenten haben vielfach kein Interesse an einer Aufklärung, weil sie ja auf ihr Spielzeug nicht verzichten wollen. Die Wirtschaft macht auf der anderen Seite großen Druck, sodass die Behörden und die Politik nicht intervenieren“, schildert der Verbraucherschützer.
Doch das drahtlose Netzwerk berge Gefahren in sich – davon ist er überzeugt. Große Bedenken hat er daher gegen den fortschreitenden Ausbau der mobilen Funkdienste. „Im Krankenhaus Meran, und somit an einem Ort, in dem sich vorwiegend kranke Menschen bewegen, wird beispielsweise WLAN eingerichtet“, gibt er zu bedenken.
Die Verbraucherzentrale will nicht verbieten, aber informieren und setzt damit auf Verbraucherbildung – und das vorwiegend bei jungen Kunden.
Mehrere Experimente, die aus Deutschland übernommen wurden, laufen zurzeit in Schulen: „Wir lassen die Schüler experimentieren, ohne zuvor große Einführungen zu machen. Selbst sollen sie zu ihren Erkenntnissen kommen.“
An zwei Mittelschulen, darunter in einer in Haslach, wurde vor Weihnachten eine Testphase abgeschlossen: Mehlwürmer wurden in mehreren Kisten gezüchtet. Während für die einen Tiere eine vorwiegend elektrosmogfreie Zone gesucht wurde, hat man die anderen Lebewesen der Handystrahlung ausgesetzt.
Über sieben Wochen beobachteten die Schüler die Entwicklung: „Auch wir waren neugierig über die Resultate“, schildert Imbesi.
Über das Ergebnis war er genauso wie die Schüler überrascht: Die unbestrahlten Tiere gediehen, die Würmer im bestrahlten Kasten hingegen entwickelten sich langsamer, zahlreiche Lebewesen verendeten schon auf dem Weg zur Puppe und dann (selten) zum Käfer. „Das heißt: Auswirkungen der Handystrahlungen sind sehr wohl feststellbar. Würmer sind kleine Lebewesen. Dort sind die Folgen schneller ersichtlich. Beim menschlichen Körper kommen diese erst später zum Tragen“, verweist Imbesi.
Generell seien aber die Konsequenzen schwierig nachzuweisen, weil man keine Vergleiche anstreben kann. „Mittlerweile ist nämlich fast jeder Mensch auf der Welt der Strahlung ausgesetzt, elektrosmogfreie Zonen sind kaum zu finden. Sogar im Felsenkeller hatte jemand die Idee, Wi-Fi zu installieren“, merkt der Berater an.
Demnächst startet in einer Meraner Schule ein weiteres Experiment: Kresse soll gezüchtet werden und damit das Pflanzenwachstum mit und ohne Bestrahlung beobachtet werden.
Im Gymnasium „G. Carducci“ in Bozen gab es im Herbst einen Aufschrei: Die Stahlkonstruktion im neuen Gebäude verhindert die Nutzung der Schülerhandys. Ein unakzeptabler Zustand für die Studenten. Die Verbraucherzentrale bildet dort gerade Botschafter aus und informiert über die Folgen der Handystrahlung.
Die Strahlung und die Nutzung der Mobilfunkgeräte – ein großes Problem für die Lehrer. In einigen Mittelschulen Südtirols ist es Schülern untersagt, Handys in die Bildungsstätte mitzubringen.
Aber spätestens in den Oberschulen beharren die Studenten auf die Nutzung ihrer Geräte.
Die Verbraucherzentrale spricht sich daher strikt gegen WLAN in den Schulen aus: Es fehle hier ein didaktisches Konzept, ganz zu schweigen von der Belastung der Schüler und von den Auswirkungen auf dem kognitiven Bereich.
Imbesi beruft sich auf Forschungsergebnisse des Professors Fiorenzo Marinelli von der Forschungsstelle CNR (Consiglio Nazionale Ricerche) in Bologna. Er hat menschliche Zellkulturen unter Bestrahlung mit WLAN an Schulen und Bibliotheken erforscht.
„Wir sind nicht für Verbote, aber wir sind für eine kontrollierte Nutzung der Geräte. 24 Stunden sind wir täglich der Bestrahlung ausgesetzt, wobei wir eigentlich nur drei Prozent davon benötigen. Wir wollen Bewusstsein schaffen, sodass jeder selbst entscheidet, wann und wie langer er es zulässt, bestrahlt zu werden“, stellt er fest.
Immer öfter wenden sich auch Kondominiums-Bewohner an die Verbraucherzentrale. In einer Wohnung hat man nämlich oft 14 ungewollte Netze zu Gast und die Bestrahlung ist dementsprechend.
Die Verbraucherzentrale interveniert auch bei der Politik: „Es gibt nämlich einige Volksvertreter, die sich privat vor der Strahlung schützen, sich in der Öffentlichkeit aber nicht gegen den Fortschritt stellen wollen.“ Namen will Imbesi aber keine nennen. Gemeinsam mit der Bürgerwelle, die vor einem Jahr gegründet wurde, wurde man bei den Landesräten Martha Stocker, Philipp Achammer, Waltraud Deeg und Arnold Schuler vorstellig. Sobald seine Verpflichtungen es zulassen werden, möchte man auch mit dem Landeshauptmann Arno Kompatscher Kontakt aufnehmen.
Nach Ostern soll nun eine Anhörung zur Problematik im Landtag stattfinden. Die Verbraucherzentrale organisiert dabei ihre Experten, das Land lädt andere Referenten ein.
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