„Bin kein Botengänger Südtirols“
Mit einer großen Portion Glück schaffte es Florian Kronbichler als Kandidat von SEL und Grünen ins Parlament. Warum er wenig Zählbares für Südtirol vorweisen kann – und warum er die Errungenschaften der SVP kleinredet.
TAGESZEITUNG Online: Herr Kronbichler, was haben Sie in den letzten zweieinhalb Jahren als Südtiroler Parlamentarier für Südtirol vorangebracht?
Florian Kronbichler: Ein Südtiroler Parlamentarier – das schäme ich mich nicht zu sagen – ist ein Parlamentarier der Republik. Was grundsätzlich gut ist für diesen Staat, ist in der Regel auch gut für Südtirol. Ich bin nicht ein Botengänger Südtirols, aber immer sehr aufmerksam, wenn Autonomiefragen zur Disposition stehen. Ich war an sich überzeugt, bei der Wahl ein Mitglied der Koalition von Mitte-Links und im größeren Zusammenhang auch in der Koalition mit der SVP zu sein. Als dann eine Regierung mit Forza Italia gefunden wurde, hat die Partei, in der ich Gast bin, die Koalition verlassen. Mir wurde bewusst, dass man als Opposition aktiv nichts Zählbares für Südtirol vorweisen kann. Ich habe aber manch Schlimmes verhindern können wie den Entwurf zur Toponomastik, der schädlich für unser Zusammenleben gewesen wäre. Man wirft einem Oppositionsvertreter vor, dass er nichts weitergebracht hat, aber ich weiß nicht, was wäre, wenn ich selbst nicht da wäre. Weil ich mich oft einmische mit vernünftigen Positionen, ist das Südtirolerbild durch mich ein bisschen pluralistischer geworden – auch wenn ich damit nicht groß tun will.
Sehen Sie sich irgendwie als Aufpasser auf die SVP?
Das steht mir nicht an, aber es ist ihnen bewusst, dass ich da bin, weshalb sie hin und wieder schon aufpassen. Aber ich bin kein Spion im Parlament. Wenn es darum geht, mehr Zuständigkeiten zu erlangen, habe ich in der Kommission sehr loyal dafür gesprochen und dafür gestimmt. Es ist aber nicht meine Art zu sagen, dass es hart erkämpft wurde gegen den Rest des Staates. Denn so ist es nicht. Im Grunde gibt es keine südtirolfeindliche Mehrheit im Parlament. Und wenn die Biancofiore einen Blödsinn geredet hat, dann war ich es, der dagegengesprochen hat.
Ist es für Sie ein einmaliger Ausflug in die Politik oder versuchen Sie es erneut?
Ich muss sagen, meine Wahl war kein Unfall, sondern ein Zufall. Ich betrachte es als Glück und Privileg, was mir geschehen ist. Glück braucht es und Glück haben ist erlaubt. Ich werde aber nicht mehr kandidieren. Nicht, weil ich genug habe – aber ich bin weitaus der älteste Südtiroler Kandidat in einer Formation, die eigentlich Anspruch auf Jugendlichkeit hat. Leider ist es nicht gelungen, das Wahlgesetz so zu beeinflussen, dass irgendein Südtiroler Oppositionspolitiker auch nur theoretisch eine Chance hätte. Ich täte es mir jedenfalls wünschen, dass es einen Nachfolger von mir gibt.
Auf Landes- oder Gemeindeebene aktiv zu sein reizt Sie nicht?
Ich habe mich immer als politisch aktiv empfunden – auch als Journalist. Ich halte es mit Joseph Roth, der sagte: „Objektivität ist eine Schweinerei.“ Ich habe mich interessiert, war engagiert und habe immer gesagt, was ich denke und was ich gewählt habe. Aber ein Mandat kann ich mir nicht vorstellen. Was ich jetzt habe, ist schön und interessant und ein einmaliges Privileg. Was ich gemacht habe, hänge ich nicht alles an die große Glocke. Nicht alles, was in Rom als Errungenschaft verkündet wird, ist eine. Schon gar nicht werden die Dinge von Südtirolern errungen, sondern von Italien so gewährt.
Interview: Heinrich Schwarz
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